Von der Leyens Schnüffler
Von Philip Tassev
Im Rahmen der sogenannten Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik hat die EU zahlreiche Institutionen geschaffen, um die Armeen ihrer Mitgliedstaaten zu koordinieren. Dazu zählen etwa der EU-Militärstab und der EU-Militärausschuss. Die EU-Kommission unter Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) – oder besser gesagt, ihr hauptsächlich aus deutschen Funktionären bestehender Beraterstab – plant nun offenbar ähnliches für die Geheimdienste der EU-Mitglieder. Das berichtete die Financial Times (FT) am Dienstag unter Berufung auf vier über die Pläne informierte Personen. Demnach soll beim Generalsekretariat der EU-Kommission eine Stelle aus Geheimdienstleuten der einzelnen Staaten eingerichtet werden, die Informationen für »gemeinsame Zwecke« zusammenträgt.
Andeutungen aus dem Weißen Haus, wonach die USA ihre Kooperation mit den europäischen Diensten zurückfahren könnten, und schließlich die vorübergehende Aussetzung der US-Geheimdienstunterstützung für Kiew Anfang des Jahres hätten die Abhängigkeit der EU von Washington in bestimmten Bereichen deutlich gemacht.
FT zitiert eine Quelle mit der Aussage, »die Geheimdienste der EU-Mitgliedstaaten wissen viel« und »die Kommission weiß viel«. Es gehe nun darum, wie man dieses Wissen zusammenführen könne, um »nützlich für Partner« zu werden. Denn in Geheimdiensten gelte: »Man muss etwas geben, um etwas zu bekommen«. Das klingt geheimdiensttypisch vage, aber offenbar sollen die Kräfte vor allem gebündelt werden, um für die US-amerikanischen »Partner« interessanter zu werden und ihnen für weitergeleitete Informationen mehr bieten zu können.
Allerdings gibt es auf EU-Ebene bereits ein Organ zum Austausch von Geheimdienstinformationen der Mitgliedstaaten, das EU Intelligence Analysis Centre, kurz: INTCEN. In diesem 2001 im Zuge des ausgerufenen »Kriegs gegen den Terror« gegründete »Zentrum« tauschten sich zunächst vor allem die deutschen, britischen, schwedischen, spanischen und italienischen Dienste aus. Die genaue Zusammensetzung von INTCEN, dass ohne jede noch so kleine parlamentarische Kontrolle und Gesetzesgrundlage agiert, ist unbekannt. Verschiedenen Angaben zufolge sind etwa die Hälfte bis Zweidrittel der Mitarbeiter von den nationalen Geheimdiensten abgestellt. Geleitet wird diese inoffizielle »Behörde«, die beim Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD) angesiedelt ist, von dem portugiesischen Geheimdienstler José Casimiro Morgado, der den Posten 2019 von dem BND-Mann Gerhard Conrad übernommen hatte.
Wie nun FT berichtet, gibt es in der Führung des INTCEN starke Vorbehalte gegen die Pläne der Kommission. Man befürchtet dort offenbar die Schaffung einer Doppelstruktur, im schlimmsten Fall einer Konkurrenz, die die eigene Organisation überflüssig macht. Bei der Berliner Zeitung war am Dienstag sogar von einem »Machtkampf« zwischen von der Leyen und der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas die Rede.
Die Pläne wurden den 27 Mitgliedstaaten der EU bislang aber noch nicht offiziell mitgeteilt. Das Konzept befinde sich laut einer von FT zitierten Person noch in der Entwicklung, Gespräche würden geführt. Einen konkreten Zeitplan gebe es nicht. Vorgesehen sei aber, dass das neue Organ »auf dem vorhandenen Fachwissen innerhalb der Kommission aufbauen und eng mit den entsprechenden Dienststellen des EAD zusammenarbeiten würde«. Die Kommission werde aber keine eigenen Agenten »ins Feld« schicken, versicherte die Person. Was solche Aussagen in der Welt der Geheimdienste wert sind, ist bekannt.
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Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (12. November 2025 um 10:37 Uhr)In den Medien wird auffälligerweise häufig der Eindruck erweckt, die Europäische Kommission könne in dieser Frage frei handeln und eigenständig agieren. Tatsächlich ist sie jedoch fest eingebettet in das System der Kontrolle und Kompetenzverteilung zwischen den Mitgliedstaaten. Die Kommission ist kein Organ, das ohne Rücksicht auf die Mitgliedstaaten tätig wird – sie vertritt die Interessen der Union, wird durch die Mitgliedstaaten legitimiert und ihre Befugnisse sind durch die EU-Verträge klar begrenzt. Zudem handelt es sich nach den vorliegenden Berichten nicht um die Schaffung eines vollwertigen Geheimdienstes mit eigenem operativem Personal oder Auslandseinsätzen. Vielmehr ist offenbar eine Analyse- bzw. Koordinationsstelle vorgesehen, die in enger Abstimmung mit den nationalen Diensten arbeiten, jedoch keine eigenen Agenten entsenden soll. Bereits heute existieren auf EU-Ebene Strukturen im Bereich der nachrichtendienstlichen Zusammenarbeit, etwa das beim Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD) angesiedelte INTCEN. Die Idee einer stärkeren Koordination auf europäischer Ebene ist also nicht neu – bemerkenswert ist vielmehr, dass nun die Kommission selbst als Trägerin einer solchen Initiative in den Vordergrund tritt.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Joachim S. aus Berlin (12. November 2025 um 16:45 Uhr)Na dann wollen wir mal hoffen, dass das so ist und bleibt wie I.H das beschreibt. Allerdings sagt der Volksmund: »Hoffen und Harren hält manchen zum Narren.«
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