Wer zur Verfügung steht
Von Philip Tassev
Innerhalb der Regierungskoalition dauert der Streit um die genaue Gestaltung des geplanten Wehrdienstes an. Am Dienstag hat der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Thomas Erndl (CSU), Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) gegenüber Bild »Fahrlässigkeit« und fehlenden »Ehrgeiz« vorgeworfen. Der Minister führe eine »Scheindebatte« um das Musterungsverfahren, liefere dabei jedoch keine nachvollziehbare und angemessene Personalplanung für den Aufwuchs der Bundeswehr. »Wir brauchen keine Symboldebatten zur Musterung, sondern eine Armee mit Vollausstattung«, sagte Erndl. Es sei »fahrlässig, dauernd von einem Spannungs- und Verteidigungsfall zu reden und wen man dafür einziehen müsste, wenn null Material für einen Aufwuchs vorhanden ist.« Zudem brauche es »mehr Ehrgeiz beim Ausbau der Ausbildungskapazitäten für den neuen Wehrdienst«. Eine »homöopathische Erhöhung der bestehenden Strukturen« reiche nicht aus.
Im August hatte die Regierung Pistorius’ Entwurf eines »Wehrdienstmodernisierungsgesetzes« abgesegnet, der einen Dienst auf freiwilliger Basis vorsieht. Jugendliche sollen dafür mit einem Fragebogen ihre Bereitschaft zum Wehrdienst bekunden. Der Plan muss noch vom Bundestag genehmigt werden, stößt dabei aber auf Widerstand bei Abgeordneten aus Pistorius’ eigener Partei sowie bei einigen Unionspolitikern aus dem Lager von Bundeskanzler Friedrich Merz. Die Kritiker bemängeln vor allem, dass in dem Entwurf keine konkreten Aufwuchszahlen genannt werden, deren Nichterfüllung eine Wiedereinführung der Pflicht auslösen würde.
Unionsfraktionsvize Norbert Röttgen (CDU) sagte der Rheinischen Post (Montagausgabe), er würde sich »freuen, wenn sich das Verteidigungsministerium konstruktiv in die Beratungen, die im Bundestag stattfinden, einbringen würde.« Es sei »unverzichtbar«, dass in das Gesetz ein »transparenter, kontrollierbarer Aufwuchspfad« sowohl für Berufs- und Zeitsoldaten als auch für Reservisten aufgenommen werde.
Im Oktober hatten die Fraktionen von SPD und Union einen Kompromiss ausgehandelt, der ein Losverfahren für junge Männer vorsah, falls die freiwillige Rekrutierung nicht ausreichen sollte. Pistorius lehnt diesen Vorschlag ab. Der Grund: Der Kompromiss sah auch die Abschaffung der allgemeinen medizinischen Untersuchung zur Feststellung der Diensttauglichkeit vor.
Der willkürliche Charakter einer Auslosung könne zudem die Jugendlichen frustrieren und dazu führen, dass unmotivierte Kandidaten rekrutiert werden, sagte Pistorius in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters am vergangenen Wochenende. Statt dessen müsse die junge Generation mit »Argumenten« überzeugt werden. Ihr müsse klargemacht werden, dass es sich lohne, eine starke Armee zu haben. Allgemeine medizinische Untersuchungen seien notwendig, damit die Bundeswehr im Falle eines Angriffs nicht erst Zeit damit verschwenden müsse, zu bestimmen, wer kriegsverwendungsfähig ist.
Pistorius kann sich dabei der Unterstützung aus der Armeeführung sicher sein. Der Generalinspekteur der Bundeswehr, Carsten Breuer, sprach sich am Montag ebenfalls gegen das Losverfahren bei der Musterung aus. »Aus militärischer Sicht ist es entscheidend, dass jeweils der gesamte Jahrgang gemustert wird«, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Denn: »Nur so wissen wir, wer zur Verfügung steht.«
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