Räumung mit Vorschlaghammer
Von Pierrot Brotons
Mit einem Vorschlaghammer verschaffte sich die italienische Polizei am Donnerstag morgen Zugang zu einer Wohnung in Bologna. Die linke Politikerin und Abgeordnete des EU-Parlaments Ilaria Salis teilte auf ihren Social-Media-Kanälen ein Video der Zwangsräumung. Zu dem Zeitpunkt befanden sich die dort wohnende Familie und Sozialarbeiter in der Wohnung. Der Grund für die Zwangsräumung: Das Bauunternehmen Hoxha möchte zwei benachbarte Wohnungen zusammenlegen und die Räumlichkeiten zu lukrativeren Kurzzeitmieten zweckentfremden.
Die Aufnahmen wurden von Aktivisten der Plat – Piattaforma di Intervento Sociale (Plattform für soziale Intervention) erstellt, einer Hilfsorganisation, die sich in Bologna für bezahlbaren Wohnraum einsetzt. Am frühen Morgen wurde den beiden Familien demnach mitgeteilt, dass sie ihr Zuhause verlassen müssen. Daraufhin verschanzte sich eine der Familien mitsamt den Sozialarbeitern in der Wohnung. Die Aufnahmen zeigen, wie langsam ein menschengroßes Loch in die Wand gehämmert wird und drei Polizisten in voller Montur in die Wohnung eindringen. Im Erdgeschoss blockierten weitere Polizisten unter Anwendung von Gewalt den Eingang zum Gebäude. Beteiligte wurden mit Schlagstöcken zurückgedrängt.
Die beiden Familien – eine Mutter mit drei Kindern und Eltern mit zwei Kindern – bezahlten regelmäßig ihre Miete. Allerdings war der Mietvertrag vor einigen Monaten ausgelaufen. Der Vermieter hatte den Vertrag nicht verlängert. Die Familie zahlte trotz ausgelaufenen Vertrags weiterhin ihre Miete und versuchte, zusammen mit dem Bauunternehmen eine Lösung zu finden.
Nach Aussagen von Plat wurden den beiden Familien zwei Zimmer in einer Herberge 30 Kilometer außerhalb Bolognas angeboten. Ein unangemessenes Angebot, da die Eltern in der Stadt arbeiteten und die Kinder im heimischen Viertel zur Schule gingen. Zudem habe eines der Kinder mit einer logopädischen Erkrankung zu kämpfen und sei auf wöchentliche Arztbesuche angewiesen.
Die Vorsitzende von Plat, Maria Elena Scavariello, kritisierte nicht nur das Vorgehen, sondern die gesamte Lage am Wohnungsmarkt: »Es ist dramatisch, wir können nicht mehr nur von einem Notstand sprechen, sondern wir haben es mit einer strukturellen Krise zu tun.« Aufgrund der prekären Situation auf dem Wohnungsmarkt ist es in Bologna extrem schwer, bezahlbaren Wohnraum zu finden. Neben Florenz ist Bologna eine der teuersten Städte Italiens.
Die stellvertretende Bürgermeisterin Emily Clancy zeigte sich besorgt. »Was heute in der Via Michelino passiert ist, ist zutiefst erschütternd. Immer häufiger entscheiden sich private Eigentümer dafür, ihre Immobilien zu räumen, um die Mieten zu erhöhen oder auf Kurzzeitvermietungen umzusteigen. Das ist ihre legitime Entscheidung, aber sie zeigt uns deutlich, dass das Recht auf Wohnen nicht allein den Regeln des Marktes überlassen werden darf.«
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