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Aus: Ausgabe vom 21.10.2025, Seite 5 / Inland
Gewerkschaftskongress der IG BCE

Wohlfeile Regierungskurs-Kritik

Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie hält ihren 8. Gewerkschaftskongress in Hannover ab
Von Gudrun Giese
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Der IG-BCE-Vorsitzende kritisierte bei der Kongresseröffnung »Verantwortungsflüchtige in den Chefetagen«

Fünf Tage dauert der Gewerkschaftskongress der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE), der alle vier Jahre stattfindet. Neben Wahlen und Antragsberatungen stehen in Hannover dabei vor allem Reden auf dem Programm, in denen so gut wie jeder etwas nach seinem Geschmack finden dürfte. Dazwischen sollen die 400 Delegierten bis Freitag über mehr als 500 Anträge beraten und abstimmen, den Vorstand der IG BCE wählen und damit die inhaltliche sowie personelle Ausrichtung für die kommenden vier Jahre festlegen. Zum Auftakt am Sonntag waren auch ein paar kritische Töne zu vernehmen, die den Kurs der Gewerkschaft allerdings nicht betrafen.

So warnte die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi, die selbst der IG BCE angehört, vor Abbau im Sozialbereich. »Wer den Sozialstaat mit Kürzungen bei Pflege, Krankheit oder Arbeitslosigkeit schwächt, erzeugt Frust statt Wachstum«, sagte sie. Die Beschäftigten benötigten Schutz und Sicherheit, entscheide das doch über »den Erhalt unseres Industriestandorts, für Wohlstand und gesellschaftlichen Zusammenhalt«. Kürzungen im Sozialsystem bewirkten dagegen nur Verunsicherung. »Sie schaffen eben kein Wachstum, keine Stabilität, und sie sind der falsche Fokus, gerade in Zeiten der Krise.« Dort zu kürzen, sei falsch. »Der Sozialstaat ist nicht einfach ein Kostenblock, sondern er ist das Rückgrat der sozialen Marktwirtschaft.«

Auch der Vorsitzende der IG BCE, Michael Vassiliadis, fand vor dem gewerkschaftsfreundlich gesonnenen Publikum am Sonntag, zu dem IG-Metall-Chefin Christiane Benner und der Verdi-Vorsitzende Frank Werneke gehörten, kritische Worte mit Blick auf Firmenchefs und Manager: »Verantwortungsflüchtige in den Chefetagen, die verlagern, abbauen und einsparen, statt die Zukunft dieses Landes mitzugestalten, verdienen ihre geliehenen Privilegien und hohen Gehälter nicht«, befand er. Es falle negativ auf, dass sich viele Unternehmer und Superreiche seit Jahren mit Investitionen im Land zurückhielten. Deshalb sei die Zeit »reif für einen Solidarbeitrag der Superreichen zur Krisenbekämpfung«. Auch Vassiliadis kritisierte die Angriffe der Bundesregierung auf Regelungen zur Arbeitszeit, das bisherige Bürgergeld oder das Renteneintrittsalter. Das alles sei »ein Schlag ins Gesicht derjenigen, die sich sowieso schon um ihren Job und ihre Zukunft sorgen«.

Besser wäre es gewesen, Fahimi und Vassiliadis hätten sich ihre hehren Worte für den Montag aufgespart. Da kam nämlich mit Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) ein Gast zum Kongress, an den sich die Kritik hätte richten sollen. Andere Teile der Einleitungsreden der Gewerkschaftschefs hätten ohnehin Merz’ Wohlgefallen gefunden. DGB-Chefin Fahimi lobte das von der Bundesregierung aufgelegte »Sondervermögen« für Investitionen, das sie allerdings mit der Forderung verknüpfte, die Ausgabe des Geldes »an klare Bedingungen wie Tarifbindung und Standorttreue« zu knüpfen. Nötig seien außerdem spürbare Entlastungen bei den Energiekosten.

Vassiliadis schwor das Auditorium auf altbekannte Tugenden des Kapitalismus ein: »Wir werden zeigen, dass die Potentiale dieses Landes und Europas und all seiner fleißigen Menschen groß sind – groß genug für eine gute soziale Zukunft, eine starke Industrie und gute Arbeit«, sagte er mit Verweis auf das Kongressmotto »Das Richtige tun! Klar. Stark. Solidarisch«. Momentan verliere die Bundesrepublik in den überwiegend energieintensiven Branchen der IG BCE jeden Tag Investitionen und Beschäftigung an Standorte im Ausland. Das müsse sich ändern. Die Bundesregierung solle sich prioritär um Wirtschaftswachstum und den Erhalt der Arbeitsplätze kümmern. Dem Kampf gegen die aktuelle Wirtschaftskrise müsse sie mehr Aufmerksamkeit widmen. Doch von den Adressierten war niemand im Saal. Nach dem Gastspiel von Kanzler Merz am Montag werden die SPD-Vorsitzenden sowie Minister für Finanzen bzw. Arbeit und Soziales, Lars Klingbeil und Bärbel Bas, am Mittwoch respektive Donnerstag erwartet.

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