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Aus: Ausgabe vom 18.10.2025, Seite 3 / Schwerpunkt
Nahostkonflikt

Iran bleibt Gazagipfel fern

Teheran weist Spekulationen zurück und verweist auf nationale Interessen
Von Knut Mellenthin
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Der US-Präsident als Friedensengel? Im Iran weiß man es aus leidvoller Erfahrung besser (Teheran, 10.10.2025)

Iran war zwar offiziell eingeladen, blieb aber fern. 30 Staaten – wenn man die Palästinensische Nationalbehörde mitzählt, die in der UNO lediglich Beobachterstatus als Nichtmitglied hat – waren am Montag in Scharm Al-Scheich vertreten. Viele davon entsandten ihre Regierungschefs oder Staatsoberhäupter zum Gazagipfel unter dem gemeinsamen Vorsitz des ägyptischen Präsidenten Abd Al-Fattah Al-Sisi und seines US-amerikanischen Amtskollegen Donald Trump.

Neu ist an der Behandlung dieses Vorgangs durch Teheran, dass das Außenministerium dazu durch die staatliche Nachrichtenagentur IRNA eine Stellungnahme veröffentlichen ließ, die einen internen Diskussionsprozess über diese Entscheidung einräumt. Experten seien als Berater hinzugezogen worden, berichtete IRNA am Montag unter Berufung auf Ministeriumssprecher Esmaeil Baghaei und zitierte ihn wörtlich: »Alle Aspekte wurden während Expertentreffen innerhalb und außerhalb des Außenministeriums untersucht. Alle positiven und negativen Dimensionen einer Teilnahme oder Nichtteilnahme wurden sorgfältig eingeschätzt.« Die abschließende Entscheidung sei »im Einklang mit nationalen Interessen« getroffen worden.

Diese Mitteilung wurde von Baghaei nicht erläutert. Auch auf die Argumente pro und kontra ging der Ministeriumssprecher nicht ein. Er widersprach jedoch »Spekulationen« – das bezieht sich anscheinend zumindest teilweise auf Kritik an der Entscheidung im Iran selbst –, dass die Nichtteilnahme am Gazagipfeltreffen einen verminderten regionalen Einfluss der Islamischen Republik widerspiegele oder zur Folge haben könnte. »Irans Rolle bei regionalen und internationalen Entwicklungen wird nicht durch seine physische Beteiligung oder deren Fehlen bei einem bestimmten Ereignis definiert. Sie geht weit darüber hinaus«, konterte Baghaei. In den vergangenen zwei Jahren sei Iran eines der aktivsten Länder bei der Ausübung von Druck »auf das zionistische Regime und seine Komplizen gewesen, den Völkermord in Gaza zu stoppen«. Iran werde sich weiter aktiv in regionalen und internationalen Angelegenheiten engagieren und sei sich seines Einflusses sicher.

Offen bleibt die Frage, welche Nachteile bei einer Teilnahme am Gipfel in Scharm Al-Scheich befürchtet wurden. Diese wäre mit keinen Bedingungen wie etwa der Zustimmung zu einer gemeinsamen Erklärung vor oder nach der Konferenz verknüpft gewesen. Die Hinzuziehung von Experten zur Beratung unterstreicht, dass die Entscheidung aus Sicht der iranischen Führung kompliziert war. 14 der 30 Staaten, die an der Konferenz teilnahmen – einschließlich Palästina – sind Mitglied der Organisation für Islamische Zusammenarbeit OIC. Zu einigen von diesen, insbesondere Katar, Oman, Pakistan und dem Nachbarland Irak, hat Teheran ausgesprochen gute Beziehungen.

Vorstellbar ist, dass Iran von vornherein gar nicht ernsthaft eingeladen war, ebenso wenig wie Israel. Premierminister Benjamin Netanjahu habe eigentlich zur Konferenz fliegen wollen, seine Teilnahme aber in letzter Stunde »wegen der zeitlichen Nähe« zum jüdischen Festtag Simchat Tora abgesagt, hieß es offiziell. Der begann in diesem Jahr allerdings erst am Dienstag abend. Eine Absprache hinter den Kulissen – beide Staaten halten sich fern und ersparen den Gastgebern eine Störung des angestrebten Trugbildes makelloser Harmonie – hätte nahe gelegen.

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