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Aus: Ausgabe vom 17.10.2025, Seite 16 / Sport
Beim Fananwalt

Faktizität und Geltung

Von René Lau
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Jeder von uns geht mit seinen ganz eigenen Ansichten und Moralvorstellungen durch die Welt. Manchmal teilen wir die Ansichten der anderen nicht, aber in einer Gesellschaft wie der unseren sollte es Konsens sein, den Dissens zumindest auszuhalten. Denn schließlich sind die Gedanken frei. Kritik sollte immer erlaubt sein und auch von jedem ausgehalten werden können. Und in der Regel ist es in unserem Zusammenleben auch so.

Offensichtlich gibt es aber Menschen und Institutionen in unserer Gesellschaft, die sich gleicher glauben als andere und meinen, sich moralisch über andere erheben zu können. Zu diesen gehören meiner Ansicht nach Verbände wie der DFB oder die FIFA und deren Funktionäre. Schon mit seinen Sportgerichten sanktioniert der DFB Vereine, wenn Fans im Stadion Transparente entrollen, die komplett von Artikel 5 des Grundgesetzes (Freiheit der Meinung, Kunst und Wissenschaft) gedeckt sind, nur weil sie den Moralvorstellungen der Sportrichter nicht entsprechen. Noch heftiger hat es jetzt die FIFA getrieben. Ohne bisher groß Aufmerksamkeit zu erregen, hat sie nämlich im September ihren Disziplinarcode geändert. Danach darf niemand wegen »Rasse«, Hautfarbe, ethnischer Zugehörigkeit, Nationalität, sozialer Herkunft, Geschlecht, Behinderung, sexueller Orientierung, Sprache oder Religion diskriminiert werden. So weit, so gut. Die Brisanz liegt in der jetzt erfolgten Erweiterung, wonach (so Artikel 15) auch Diskriminierungen wegen politischer oder sonstiger Anschauung (»­opinion«) untersagt sind, aber auch Diskriminierungen wegen Vermögen (»wealth«) oder Herkunft (»birth«).

Da in heutiger Zeit auch der gemeine Fan politisch denkt, muss er sich jetzt gut überlegen, eine Tapete hochzuhalten, auch wenn der Inhalt von Artikel 5 GG gedeckt ist. Denn mit der jetzigen, teilweise schwammigen Ergänzung ist es möglich, so gut wie jede Äußerung im Stadion zu sanktionieren. Und das kann schnell gehen, wenn man bedenkt, wie weit heute die Moralvorstellungen der Fankurve von denen von Funktionären wie Infantino oder Čeferin entfernt sind.

Nicht nur, dass sie sich mit viel Geld ihre eigene Welt geschaffen haben, die der Realität völlig entrückt ist. Nein, jetzt schaffen sie sich auch noch Regularien, mit denen sie jede Äußerung in jedem Stadion der Welt sanktionieren können, unabhängig davon, ob die jeweiligen Äußerungen gesetzeskonform sind oder nicht.

Verachtenswerter kann man sich nicht verhalten.

»Sport frei!« vom Fananwalt.

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