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Aus: Ausgabe vom 17.10.2025, Seite 1 / Titel
Zeitungskrise

Rudi, der Druck geht weiter

Taz hört auf, junge Welt bleibt Printzeitung
Von Daniel Bratanovic
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Das war’s. Nach 47 Jahren stellt die Taz ihr Erscheinen ein. Zugegeben, das wären Fake News. Von vorne: Nach 47 Jahren stellt die Taz als erste überregionale deutsche Tageszeitung das Erscheinen ihrer werktäglichen Druckausgabe ein. Und weil die Nachricht noch irgend jemanden vom Hocker reißen und eine Entscheidung, deren Folgen für das Unternehmen Taz betriebswirtschaftlich kaum absehbar sind, nicht als falsch dastehen soll, verkaufen die Blattmacher den Abschied von der gedruckten Zeitung zeitgeistgemäß als »Seitenwende«. Das, was wegkommt, kann auch guten Gewissens weg, denn es ist längst aus der Zeit gefallen. Die Zeitung auf Papier, soll das heißen, liest kein Mensch mehr, braucht kein Mensch mehr. Das aber bleibt unbewiesene Behauptung.

Das Problem besteht gar nicht in der Form beziehungsweise im Material. Die Dauer der Mediennutzung hat sich in den vergangenen 60 Jahren etwa verdreifacht, textbasierte Angebote hingegen werden immer weniger nachgefragt. Anders gesagt: Immer weniger Menschen lesen eine Zeitung, gleich ob digital oder gedruckt. Möglicherweise hat dieser Umstand ein klein wenig damit zu tun, dass Medienhäuser verlässlich das Niveau absenken, der Konformität unterliegen und sie zugleich erzeugen und damit, dass ihre Zeitungen und sonstigen Formate folglich einander immer ähnlicher werden, weshalb, letzte Konsequenz, das Zeug nun auch keiner mehr lesen, geschweige denn kaufen will.

Ursprünglich der Schaffung von »Gegenöffentlichkeit« verpflichtet, dreht die Taz am gleichen Rad. In der Echokammer eines selbstgefälligen und selbstreferentiellen Milieus mag der einstige Bürgerschreck noch als irgendwie anders durchgehen, spätestens in der Außenpolitik hört der Spaß auf. Der Opportunismus triumphiert, wenn Kriege beginnen. Das ließ sich auch an der Taz überprüfen. Zwischen »Waffen für El Salvador« und »Seitenwende« liegt ein langer Weg des politischen und publizistischen Niedergangs.

Die Tageszeitung junge Welt hat sich für einen anderen Weg entschieden. Sie setzt bewusst auf den Erhalt der gedruckten Tageszeitung und widersteht dem Sog der Integration hin zu den Positionen von Staat und Kapital. Wir machen weiter. Das war’s noch lange nicht.

Tageszeitung junge Welt am Kiosk

Die besonderen Berichterstattung der Tageszeitung junge Welt ist immer wieder interessant und von hohem Nutzwert für ihre Leserinnen und Leser. Eine gesicherte Verbreitung wollen wir so gut es geht gewährleisten: Digital, aber auch gedruckt. Deswegen liegt in vielen tausend Einzelhandelsgeschäften die Zeitung aus. Überzeugen Sie sich einmal von der Qualität der Printausgabe. 

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  • Leserbrief von Joachim Becker aus Eilenburg (17. Oktober 2025 um 14:04 Uhr)
    Ja richtig, nicht nur der heute erforderliche (Klassen-)Kampf muss weitergehen, sondern auch der tägliche Druck der Printausgabe der einzigen linken Tageszeitung junge Welt. Denn für unseren gemeinsamen Kampf gegen Militarismus, Kapitalismus und Krieg ist die jW heute unverzichtbar.
  • Leserbrief von Rayan aus Unterschleißheim (16. Oktober 2025 um 22:37 Uhr)
    Selber lese ich seit vielen Jahren eigentlich nur noch online, finde das Papiergefummel reichlich unpraktisch. Aber die Pro-Print-Argumente kann ich i.d.R. schon nachvollziehen. Außer bei Medien wie der Taz: Jede Form der Quantitätsreduzierung, angepasst an die seit Jahrzehnten wirklich üble Qualität, die mensch, wie hier richtig erkannt, besonders bei außenpolitischen Themen und Kriegstreiberei kaum noch von der Springerpresse unterscheiden kann, ist sehr gut. Denn sie senkt mit Sicherheit die schändlich hohe Rotationsfrequenz Rudis in seinem Grab.
  • Leserbrief von Steffen Weise aus Berlin (16. Oktober 2025 um 21:20 Uhr)
    Alle Leserinnen und Leser der Taz lade ich ganz herzlich, freundschaftlich und ohne Oberlehrergehabe ein, sich in der jungen Welt mal umzusehen. Die junge Welt lese ich voller Begeisterung seit weit über 40 Jahren und sie hat immer schnurgerade Kurs gehalten. Genau erinnere ich mich an die Zeit, als die Sandinistische Guerilla heldenhaft gegen die aus Washington finanzierten und bewaffneten Contras gekämpft hat. Aus der Schule kam ich nach Hause, die Schultasche flog in die Ecke und die Zeitung musste her, ob etwas über Nicaragua und die Sandinisten drinstand, manchmal sogar zwei Beiträge. Oft habe ich mich selbst als Guerillakämpfer an einem großen Maschinengewehr gefühlt und volles Rohr auf die Contras draufgehalten, das waren Faschisten. Dieser revolutionäre Geist lebt in der jungen Welt bis heute fort. Jede und jeder von Ihnen kann die Zeitung für zwei Wochen völlig kostenfrei und völlig unverbindlich testen. Ich garantiere Ihnen, dass Sie feststellen werden, dass die junge Welt eine Zeitung mit Charakter ist, dass sie den Entwürdigten ihre Würde zurückgibt. Wir brauchen Sie alle, jede und jeden an der für ihn passenden Stelle, ob als Abonnent, als Käufer am Kiosk, als Spender, als Helfer, als Genossenschafter, als Kritiker, als Leserbriefschreiber oder … Bitte kommt zu uns! Gemeinsam und im Bunde mit der Friedensbewegung und allen friedliebenden Menschen wollen wir den Krieg verhindern. Deshalb darf Ihr Platz bei uns nicht unbesetzt bleiben. Ich verlasse mich auf Sie!

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