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Aus: Ausgabe vom 13.10.2025, Seite 8 / Inland
Wassermanagement in Niedersachsen

»Der Plan blendet künftige Verteilungskämpfe aus«

Niedersachsen: Umweltministerium legt »Masterplan Wasser« vor. Kritik von Verbänden. Ein Gespräch mit Friedhart Knolle
Interview: Gitta Düperthal
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Der Oderteich im Harz in Niedersachsen ist fast leer (29.9.2025)

Das Klima in Niedersachsen hat sich seit 1881 um 2,4 Grad erwärmt, zugleich stieg der Wasserverbrauch um bis zu einem Drittel an. Das Landesumweltministerium hat nun einen »Masterplan Wasser« mit drei Schwerpunkten erstellt: nachhaltiges Wassermanagement, Schutz vor Hochwasser und Dürren sowie Reduzierung von Schadstoffen im Grundwasser. Wie ernst ist die Lage?

Nur etwa drei Prozent der Fließgewässer des Landes sind noch in gutem Zustand. Die Wasserrahmenrichtlinie der Europäischen Union ist nicht umgesetzt. Bedingt durch die Klimakrise mit ihren Dürren sind weltweit sinkende Grundwasserspiegel zu registrieren. In Niedersachsen fällt insbesondere die große dem Grundwasser entnommene Wassermenge durch landwirtschaftliche Beregnung auf.

Welche Mengen sieht der Plan vor?

Der öffentliche Verbrauch des Wassers und der Haushalte ist im Plan mit bis zu 800 Millionen Kubikmetern pro Jahr veranschlagt. An zweiter Stelle folgt die Landwirtschaft mit der Feldberegnung mit einem Verbrauch von bis zu 300 Millionen, der sich in der Prognose bis 2050 verdoppelt. Zusätzlich schlagen Tierbetriebe mit fast 80 Millionen zu Buche. An dritter Stelle steht die Industrie mit 200 Millionen Kubikmetern pro Jahr.

Stichwort Wassermanagement: Kommt beim Sparen vor allem die Idee des ehemaligen Bundeswirtschaftsministers Robert Habeck ins Spiel, Waschlappen zu nutzen, um kein Wasser beim Duschen zu verschwenden?

Dieses populär ausgedrückte Beispiel hat sich in den Köpfen festgesetzt. In der Tat wird es wohl in naher Zukunft Verteilungskämpfe ums Wasser geben. Es könnte unangenehm konkret werden. Wer muss wieviel genau sparen; vor allem aber, wer am meisten – der öffentliche Bereich und die privaten Haushalte oder Landwirtschaft und Tierhaltung oder etwa die Industrie? Der Plan blendet das aus. Nachhaltige Konzepte zu Wasseraufbereitung und -wiederverwendung, auch zur Verrieselung von gereinigten Abwässern für die Landwirtschaft, haben in Niedersachsen bisher nur die Städte Braunschweig und Wolfsburg entwickelt.

Ist der Hochwasser-, Starkregen- und Küstenschutz im Plan konkret genug?

Viele Regionen wappnen sich bis jetzt mit Maßnahmen in der Hoffnung, dass das Wasser so schnell wie möglich aus betroffenen Gemeinden weiterläuft. Nach dem Motto: Dann muss sich der Bürgermeister des nächsten Ortes damit herumschlagen. Dabei müsste das Wasser gehalten und nur durch natürliche Flüsse weitergeleitet werden. Renaturierung ist der beste Hochwasserschutz. Im Plan ist das zwar enthalten, aber unverbindlich. Umgekehrt sind auch Niedrigwasserstrategien zuwenig ausgearbeitet. Hat der Rhein Niedrigwasser, so dass Schiffe nicht fahren können, braucht es faktisches Dürremanagement. Dies könnte ebenso schmerzhaft werden.

Beim Thema »Schadstoffe reduzieren« geht es vorrangig um Landwirtschaft. Die umweltpolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion, Verena Kämmerling, forderte zum Fließgewässerschutz Maßnahmen, »die den Naturschutz in Einklang mit den berechtigten Anliegen der Landwirtschaft bringen«.

Im Zitat bezeichnet sie die Anliegen der Landwirtschaft als berechtigt, beim Naturschutz aber fehlt eine Wertung. Das sagt vieles! Überdüngung ist ein großes Problem. Aktuell hat das Bundesverwaltungsgericht die Bundesregierung verpflichtet, ein Aktionsprogramm gegen Nitrat im Grundwasser zu erstellen und in die Düngeverordnung zu integrieren. Ziel ist, den EU-Grenzwert von 50 Milligramm pro Liter einzuhalten. Nitrat stammt vor allem aus industrieller Tierhaltung.

Ist verbindlich, was der »Strategie- und Maßnahmenkatalog« vorsieht?

Der Entwurf mit etwa 150 Seiten stelle ein »lebendes Dokument« dar, das stetig weiterentwickelt werden kann, heißt es. Klingt zunächst gut. Stellt sich aber die Frage: Was wird daraus werden, wenn etwa bei den Landtagswahlen 2027 Parteien gewinnen sollten, die bekanntlich andere Schwerpunkte setzen?

Friedhart Knolle ist Hydrogeologe, Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats des BUND Niedersachsen und Sprecher des Landesarbeitskreises Wasser

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