In fester Tariftreue
Von Oliver Rast
Lebhaft ging es zu zum Abschluss der Sitzungswoche im Bundestag. Die Parlamentarier berieten am Freitag vormittag in erster Lesung den seitens der »schwarz-roten« Koalition eingebrachten Entwurf zum Bundestariftreuegesetz. Der Kern: Künftig sollen öffentliche Aufträge ab einem Auftragsvolumen (»Schwellenwert«) von 50.000 Euro nur noch an Unternehmen gehen, die ihre Beschäftigten nach Tarif entlohnen. Damit würden jene Betriebe gestärkt, die ihre Leute anständig bezahlen und gut behandeln würden, sagte Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) vom Rednerpult ins Plenum. Und weiter: »Zum fairen Wettbewerb gehört auch, dass wir mit Steuergeld kein Lohndumping betreiben.« Wer nach Tarif bezahle, dürfe bei öffentlicher Auftragsvergabe nicht der Dumme sein.
Auffallend sind innerkoalitionäre Gegenstimmen. Die CDU-Abgeordnete Sandra Carstensen etwa verwies vorsorglich darauf, dass kein Gesetz so aus dem Parlament herauskomme, wie es eingebracht worden sei. Übersetzt: Die Union sieht Änderungsbedarf – oder: Knatsch am Kabinettstisch folgt.
Unterstützung kommt hingegen von Bündnis 90/Die Grünen und Linkspartei – indes nicht vorbehaltlos. Ein Grund: Der Schwellenwert liege zu hoch, kritisierte die Ex-Grünen-Chefin Ricarda Lang. Gerade viele kleinere Aufträge fielen so durchs Raster. Und Pascal Meisner (Die Linke) betonte am Freitag auf jW-Nachfrage: »Schlupflöcher müssen geschlossen werden.« Es brauche Kontrollkompetenzen und Dokumentationspflichten besonders für Subunternehmen und Leiharbeitsfirmen, so der Sprecher für Arbeitspolitik und Arbeitsrecht seiner Bundestagsfraktion.
Kontra im Plenarsaal kam von Hans-Jürgen Goßner (AfD). Mit dem Tariftreuegesetz würde ein Bürokratiemonster geschaffen, »das Betriebe gängelt, Unternehmer misstrauisch beäugt und Beamtenstellen sichert«, behauptete das Mitglied des Bundestagsausschusses Arbeit und Soziales. Mehr noch, Goßner – der zugleich in der Pseudogewerkschaft »Zentrum Automobil« ist – halluzinierte, dass die Regierung »sozialistische Träumereien in Paragraphen gegossen« habe.
Eine Position auf der Linie der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). Das geplante Gesetz sei ein Antiwachstumsgesetz, wurde deren Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter am Freitag in einer jW zugesandten Mitteilung zitiert. »Der Staat darf nicht entscheiden, welche Tarifverträge gelten sollen.« Diese Form der Tarifzensur widerspreche Grundgesetz und EU-Recht – »und bedeutet einen Angriff auf die Tarifautonomie«. Wer die Tarifbindung wirklich stärken wolle, müsse die »Sozialpartner« machen lassen. Weil: Der Staat sei kein Schiedsrichter.
Übrigens, was sagt der DGB? Dessen Vorsitzende Yasmin Fahimi äußerte sich am Freitag morgen im Deutschlandfunk (DLF). Wenn der Staat selbst nicht konsequent auf Tarifbindung setze, »dann untergräbt er die Glaubwürdigkeit dieses Gesetzes«. Tariftreue sei kein Luxus, sondern ein Gebot sozialer Verantwortung. Soweit, so belanglos. Bemerkenswert ist: Fahimi zufolge solle das deutsche Militär unter die Regelungen des Tariftreuegesetzes fallen. »Ich finde es ehrlich gesagt absurd, dass man ausgerechnet die Bundeswehr ausnehmen will.« Offenbar offizieller Grundton. Auch bei Frank Werneke. »Gerade geplante Milliardeninvestitionen zur Stärkung der Verteidigungs- und Bündnisfähigkeit müssen dafür genutzt werden«, so der Verdi-Vorsitzende, »tarifliche Löhne und Arbeitsbedingungen zu sichern.« Stellungnahmen für Abrüstung und Frieden klingen anders. Zeit für Diskussionen in Gewerkschaften. Munter und heiter.
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