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Aus: Ausgabe vom 11.10.2025, Seite 4 / Inland
Waffenstillstand in Gaza

Deutschlands »Beitrag zum Frieden«

Kanzler stellt sich hinter Gazaplan der USA. Waffen an Israel könnten wieder genehmigt werden
Von Philip Tassev
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Der Waffenstillstand in Gaza war noch gar nicht in Kraft, da rief CSU-Chef Markus Söder schon wieder nach Rüstungslieferungen für Israel. Noch am Donnerstag sprach sich der bayerische Ministerpräsident deutlich gegen den teilweisen Lieferstopp von Kriegsgerät, Teilen und Munition aus. »Wenn dieser Frieden jetzt klappt, dann sollte auch Deutschland wieder seinen Beitrag leisten«, sagte er im Interview mit dem Springer-Sender Welt TV. In Söders Bundesland sind zahlreiche Waffenschmieden vertreten und die bayerische Landesregierung fördert die weitere Ansiedlung von Rüstungsfirmen stark.

Seinen »Beitrag« leisten will auch Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU). In einer am Freitag in seinem Namen veröffentlichten Erklärung heißt es: »Wir müssen klären, wie Gaza dauerhaft gesichert und verwaltet werden kann. Entwaffnung und Abzug der Hamas sind zu organisieren.« Die Bundesregierung werde sich »weiter einbringen, damit der Weg zum Frieden gelingt«. Dann folgt eine Liste von Absichtserklärungen, die den deutschen »Beitrag« darstellen sollen. Erstens sollen die »freigelassenen Geiseln« medizinisch und psychologisch unterstützt werden. Zweitens will die Bundesregierung »sofort zusätzliche Mittel für humanitäre Hilfe in Höhe von 29 Millionen Euro bereitstellen«. Drittens werde man gemeinsam mit Ägypten zu einer »internationalen Wiederaufbaukonferenz für Gaza« einladen.

Viertens wird die Bereitschaft verkündet, »Verantwortung in dem von Präsident Trump vorgeschlagenen Friedensrat zu übernehmen«. Fünftens will die Bundesregierung dabei mitwirken, den »dringend notwendigen Reformprozess« in der palästinensischen Nationalbehörde zu befördern. Sechstens will sich die Bundesregierung dafür einsetzen, die EU-Missionen ­EUBAM Rafah zur »Unterstützung des Grenzschutzes« und EUPOL COPPS zur »Unterstützung der palästinensischen Zivilpolizei und der Justiz« zu verstärken. Siebtens wird sich zur »internationalen Stabilisierungstruppe« bekannt, die nach Trumps Willen den Gazastreifen besetzen soll. Merz stellt zwar klar: Die BRD wird sich nicht mit Bundeswehrtruppen daran beteiligen. Die Bundesregierung werde aber mithelfen, »den rechtlichen Rahmen« für eine solche Besatzung zu schaffen, »etwa durch eine Resolution des Sicherheitsrates.«

Zu »guter« Letzt kündigt der Kanzler in seiner Erklärung an, die teilweise Einschränkung der Rüstungslieferungen an Israel möglicherweise bald wieder aufzuheben: Die Genehmigungspraxis soll »im Licht der Entwicklungen vor Ort« überprüft werden. Ein Regierungssprecher sagte am Freitag laut Reuters, derzeit bleibe es noch bei dem im August verhängten teilweisen Genehmigungsstopp. Am Donnerstag waren noch israelische Angriffe auf Ziele im Gazastreifen gemeldet worden.

Merz hofft zudem, dass mit dem Waffenstillstand auch »ein bisschen innenpolitisch wieder Ruhe« einkehrt, wie er am Donnerstag im Interview mit dem ARD-»Hauptstadtstudio« sagte. Mit einem »Frieden in Gaza« gebe es »keinen Grund mehr, jetzt für Palästinenser in Deutschland zu demons­trieren«.

Die Sprecherin für internationale Beziehungen der Linke-Bundestagsfraktion, Lea Reisner, erklärte am Freitag, es sei gut, »dass endlich ein Waffenstillstand erreicht wurde«. Es bleibe aber »zu hoffen, dass dieser eingehalten wird«. Die Bundesrepublik solle sich am Wiederaufbau von Gaza zwar »aktiv beteiligen«. Das dürfe aber nicht »im Rahmen eines US-geführten ›Friedensrats‹« geschehen, »sondern unter Führung der Vereinten Nationen und in enger Abstimmung mit palästinensischen Organisationen«. Zudem müsse jetzt daran mitgearbeitet werden, Verbrechen aufzuarbeiten, »die eigene Mitverantwortung« anzuerkennen und »alles dafür tun, dass sich dieses unermessliche Leid niemals wiederholt«.

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