Gegründet 1947 Freitag, 10. Oktober 2025, Nr. 235
Die junge Welt wird von 3036 GenossInnen herausgegeben
Aus: Ausgabe vom 10.10.2025, Seite 6 / Ausland

Protest in Marokko ruht für Rede des Königs

Rabat. In Marokko wird diesen Freitag mit Spannung eine Rede von König Mohammed VI. erwartet. Aus »Respekt vor dem Monarchen« sollen dafür auch die täglichen Kundgebungen der »Gen Z 221« ruhen, wie die Nachrichtenseite Yabiladi mitteilte. Die Rede ist zunächst eine Routineangelegenheit. Denn am Freitag beginnt die neue Sitzungsperiode des marokkanischen Parlaments in Rabat, die traditionell vom Staatschef eröffnet wird. Es wird davon ausgegangen, steht aber keineswegs fest, dass Mohammed VI. auf die jüngsten Proteste eingeht.

Im Vorfeld hatten sechzig Personen des öffentlichen Lebens am Mittwoch unter dem Titel »Es ist Zeit für tiefgreifende Maßnahmen« einen offenen Brief an Mohammed VI. veröffentlicht. Darin stellen sie sich hinter die Forderungen der Bewegung »Gen Z 212«, die vor allem sozialer Natur sind, und setzen sich für eine Verfassungsreform ein, mit der das autoritär regierte Marokko zu einer parlamentarischen Monarchie würde. Dem Appell haben sich nach Veröffentlichung in sozialen Netzwerken weitere Persönlichkeiten angeschlossen.

Die Bewegung »Gen Z 212« erschüttert das Königreich seit Ende September mit landesweiten Demonstrationen, die maßgeblich über den Onlinedienst Discord organisiert werden. Sie hatte sich an dem katastrophalen Zustand des marokkanischen Gesundheitssystems und Bildungssektors entzündet. Der Staat reagierte mit Repressionen. Allein am Mittwoch wurden Hunderte überwiegend jugendliche Demonstranten verhaftet. Mittlerweile soll das Dis­cord-Konto vom Geheimdienst unterwandert sein.

Die Kundgebungen richten sich überwiegend nicht gegen den König selbst, der vielmehr als Vermittler angerufen wird. Es wurde aber nicht zuletzt Kritik an dem engen Bündnis Marokkos mit Israel laut. Mohammed VI. ist seit langem gesundheitlich angeschlagen. Am Donnerstag erhielt er Besuch aus Saudi-Arabien. Fernsehaufnahmen ließen erkennen, dass er nicht einmal mehr in der Lage war, dem saudischen Staatsminister Turki bin Faisal Al Saud die Hand zu reichen. (jW)

links & bündig gegen rechte Bünde

Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.