Landesweite politische Streiks
Von Gerhard Feldbauer
Gleich mit zwei Generalstreiks wurde in Italien vorigen Freitag und Montag landesweit gegen die Komplizenschaft der Meloni-Regierung beim Genozid in Gaza protestiert und Solidarität mit dem Volk Palästinas bekundet. Die Initiative ging von der Basisgewerkschaft Unione Sindacale di Base (USB) aus, die für Montag aufgerufen hatte, landesweit 24 Stunden zu streiken. Erst danach rief die CGIL-Gewerkschaft bereits für Freitag die Gewerkschaften zu einer vierstündigen Arbeitsniederlegung auf. Zwar schlossen sich die Leitungen der CISL und UIL dem Aufruf nicht an, aber ihre Basis nahm, wie auch die der USB, zahlreich an Protestaktionen teil.
Die USB nannte den 22. September einen »beispiellosen Tag des Kampfes«. In 81 Städten fanden Demonstrationen statt. In Rom gingen nach Angaben der Veranstalter 100.000 Menschen auf die Straße. In Mailand mindestens 50.000. Tausendfach ertönte die Forderung an Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, sofort die »Beziehungen zum Terrorstaat Israel« abzubrechen. Der Streik legte landesweit insbesondere Bereiche des städtischen Nahverkehrs, der Eisenbahn, Häfen, den öffentlichen Dienst und Schulen lahm.
Während sich die Einsatzkräfte der Polizei am Freitag zurückgehalten hatten, kam es am Montag laut der Nachrichtenagentur ANSA in mehreren Städten zu schweren Zusammenstößen der Demonstranten mit der Polizei. In Mailand seien sie bei dem Versuch, in den Hauptbahnhof einzudringen, von der Polizei mit Schlagstöcken und Tränengas empfangen worden. Hinterher wurde trotzdem lediglich von angeblich 60 verletzten Polizisten und zehn Festnahmen berichtet. Auch in Bologna kam es laut ANSA zu Straßenschlachten der Demonstranten mit der Polizei, die Wasserwerfer und Tränengas einsetzte.
Das Besondere an der Streikbewegung: Es ging nicht nur um soziale Forderungen. Sie hatte eindeutig politische Gründe. In der Breite gab es das in den vergangenen Jahren noch nicht, schätzte das kommunistische Magazin Contropiano ein.
Und der Streik war ein voller Erfolg für die links ausgerichtete USB, weil er ihre wachsende Rolle in den Arbeiterkämpfen zeigte. Während die großen Gewerkschaften CGIL, CISL und UIL Mitglieder verlieren, gewinnt die USB dazu. Die USB wird derzeit außerdem gestärkt durch ihre Rolle im Weltgewerkschaftsbund (WGB), der seinen Sitz in Rom hat und in dem sie mit zwei Mitgliedern im Vorstand vertreten ist. In Genua wird demnächst eine Tagung der Hafenarbeiterorganisationen des WGB beraten, um den Boykott von Waffenlieferungen nach Israel international zu koordinieren.
Der große Erfolg kann nicht die Tragödie der Spaltung der Gewerkschaftsbewegung verdecken. Während die Basis das zu überbrücken sucht, gibt es von den Leitungen keine Reaktion. Parallel zu den Arbeiterkämpfen setzen CISL, UIL und auch CGIL ihre soziale Zusammenarbeit mit der Regierung des Kapitals, bekannt als Sozialpaktstrategie, fort. Das mindert nicht nur die Schlagkraft der Kämpfe, sondern ist auch ein entscheidender Grund dafür, dass sich die Ministerpräsidentin sicher im Sattel sieht und zuversichtlich ist, 2027 wiedergewählt zu werden.
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