Abklatsch vom Silicon Valley
Von Dieter Reinisch
Palästina, Iran, Afghanistan, Russland und Ukraine waren Nebenschauplätze beim zweiten Staatsbesuch des US-Präsidenten Donald Trump in Großbritannien vergangene Woche. Trump war gekommen, um mit seinem britischen Gegenüber Keir Starmer ein enormes Wirtschaftspaket zu schnüren: 150 Milliarden Pfund (173 Mrd. Euro) wollen US-Firmen vor allem aus dem Technologiesektor wie Microsoft und Google in den kommenden zehn Jahren in Großbritannien investieren. Auch andere Wirtschaftskooperationen wurden geschlossen, so der Bau von kleinen, modularen Atomreaktoren. Starmer erklärte bei der Unterzeichnung des Deals am Donnerstag, die USA und Großbritannien seien die »ersten Partner« in den Bereichen Handel, Verteidigung und Technologie. Der »Tech Prosperity Deal« ist Teil eines umfassenderen Plans zur Vertiefung der Wirtschaftsbeziehungen mit den USA.
90 Milliarden Pfund (103 Mrd. Euro), der überwiegende Anteil der Investitionen, werden in den nächsten zehn Jahren von Blackstone kommen. Blackstone ist eine börsennotierte US-Investmentgesellschaft und einer der größten Investoren im Bereich sogenannter »Alternativer Investments«. Dazu gehören Immobiliengeschäfte, Private Equity sowie Kredit- und Hedgefondsstrategien. Die Gruppe besitzt mehrere Niederlassungen in Europa, auch eine in Frankfurt am Main. Wofür der Großteil des Geldes ausgegeben werden soll, sei noch offen. Die US-Firma kündigte im Juni an, über einen Zeitraum von zehn Jahren 370 Milliarden Pfund (425 Mrd. Euro) in ganz Europa zu investieren.
Der Technologiedeal sieht daneben eine Zusammenarbeit zwischen Großbritannien und den USA bei künstlicher Intelligenz, Quantencomputing und Kernenergie vor. Microsoft hat zugesagt, in den nächsten vier Jahren 22 Milliarden Pfund (25 Mrd. Euro) in Großbritannien zu investieren, während Google in den nächsten zwei Jahren fünf Milliarden Pfund (5,7 Mrd. Pfund) in den Ausbau eines bestehenden Rechenzentrums in Hertfordshire investieren wird. Der Pakt soll garantieren, dass beide Länder in Zukunft KI »dominieren« werden, verkündete Trump.
Starmer sagte bei der Unterzeichnung, die Investitionen seien »ein Beweis für die wirtschaftliche Stärke Großbritanniens und ein starkes Signal dafür, dass unser Land (…) bereit ist, eine Führungsrolle zu übernehmen«. Er sei bestrebt, Großbritannien zu einem Ziel für US-Investitionen zu machen, um die britische Wirtschaft anzukurbeln. Im Abkommen enthalten ist auch der Bau von zwölf kleinen Atomkraftwerken in Modulbauweise in Nordwestengland durch den US-Konzern X-Energy und den British-Gas-Mutterkonzern Centrica.
Die Regierung geht davon aus, dass durch die Investitionen 7.600 Arbeitsplätze geschaffen werden. Doch bis zum August ist die Zahl der Beschäftigten in Großbritannien um schätzungsweise 127.000 im Vergleich zum Vorjahr gesunken. Die Zahl der offenen Stellen ging im Zeitraum Juni bis August 2025 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 119.000 zurück, also rund 14 Prozent.
Während Technologiekonzerne jubeln, zeigen sich andere Branchen unzufrieden, etwa die britische Stahlindustrie. So wurde ein geplanter Deal zur Senkung der US-Zölle auf Eis gelegt. Mehrere große Pharmaunternehmen wie Astra Zeneca haben ebenfalls ihre Investitionspläne gestoppt. Statt der Stärkung der eigenen Unternehmen würde Starmer eine US-Wirtschaftsinvestition vorantreiben, meinte etwa der ehemalige Vizepremier Nick Clegg. Die US-Investitionen seien »nur ein Abklatsch vom Silicon Valley«, erklärte der Liberaldemokrat gegenüber Financial Times.
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