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Aus: Ausgabe vom 18.09.2025, Seite 10 / Feuilleton
Politik

Kleine Volksvertreterkunde

Von Bernhard Spring
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Nur für Fortgeschrittene: Deutschland als Länderpuzzle

Wie konnte das passieren? In der bayerischen Landesregierung befindet sich ein Minister, der nicht aus dem gelobten Land stammt. Auch in Rheinland-Pfalz und im Saarland befindet sich jeweils ein Ortsfremder in der Regierung.

Warum das so spannend ist? Weil in älteren Bundesländern (ohne die Stadtstaaten) 75 Prozent der Minister in den Landesregierungen auch in dem entsprechenden Bundesland geboren worden sind. Im Osten (ohne Berlin) sind es hingegen nur 46 Prozent. Heißt: Auch 35 Jahre nach der »Wende« bestimmen viele Westdeutsche, wo es mit dem Osten langgeht.

Im Ranking der Flächenländer bildet Mecklenburg-Vorpommern das Schlusslicht. Nur zwei von neun Ministern – das sind 22 Prozent – stammen von der Küste. Selbst Landesmutter Manuela Schwesig ist zugezogen. Auch Sachsen-Anhalt (30 Prozent) setzt eher auf externe Fachkräfte in Sachen Regierungsarbeit. In Thüringen (50 Prozent) und Sachsen (55 Prozent) regieren etwa gleich viele heimische und zugereiste Politiker. Nur Brandenburg hat mit 73 Prozent heimischen Ministern Westniveau.

Aber auch in den älteren Bundesländern gibt es Ausreißer. Schleswig-Holstein etwa hat nur 40 Prozent »Fischköppe« unter den Ministern und erlaubt sich sogar den Luxus, als einziges westliches Land einen Ostdeutschen – Dirk Schrödter aus Luckenwalde – zum Minister ernannt zu haben.

Einen Sonderfall stellen die Stadtstaaten dar. Hamburg, Berlin und Bremen sind wahre Melting Pots. So ist in Hamburg nur jeder zweite Senator gebürtiges Elbekind. In Berlin ist jeder dritte Senator (36 Prozent) Einheimischer, und in Bremen sind es gerade mal elf Prozent der Senatoren. Mit Peter Tschentscher (ein Bremer in Hamburg) und Andreas Bovenschulte (ein Niedersachse in Bremen) werden zwei der drei Stadtstaaten sogar von Zugezogenen regiert.

Doch bei all der freien Stadtluft sitzt kein einziger Ostdeutscher in den Senaten von Bremen und Hamburg. Und in Berlin haben es zwar drei Ostdeutsche in die Landesregierung geschafft – aber interessanterweise niemand aus Ostberlin.

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