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Aus: Ausgabe vom 18.09.2025, Seite 1 / Ausland
Völkermord in Gaza

EU-Kommission trippelt voran

Aussetzung des Freihandels mit Israel und Sanktionen gegen Minister vorgeschlagen
Von Max Grigutsch
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Erfreut sich der Unterstützung rechter Israelis: Itamar Ben-Gvir (Jerusalem, 26.5.2025)

Langsam kommt auch in der Führungsriege der Europäischen Union an, dass Israel Kriegsverbrechen begeht. Wie vergangene Woche angekündigt schlägt die Kommission den Mitgliedstaaten nun offiziell vor, Sanktionen gegen Israel zu verhängen. Genauer: Freihandelsvorteile sollen ausgesetzt und neun »extremistische« Minister und Siedler sanktioniert werden, heißt es in einer Mitteilung vom Mittwoch. Gemeint sind unter anderem Finanzminister Bezalel Smotrich und Polizeiminister Itamar Ben-Gvir. »Die entsetzlichen Dinge, die sich täglich im Gazastreifen abspielen, müssen aufhören«, ließ sich Kommissionspräsidentin von der Leyen zitieren. Der israelische Außenminister Gideon Saar nannte die Vorschläge indes »moralisch und politisch verzerrt«.

Laut dem Vorstoß sollen für Israel geltende Freihandelsvorteile gestrichen werden, die immerhin 37 Prozent der Warenexporte des Landes in die EU betreffen. Die Union war 2024 nach eigenen Angaben für 32 Prozent des gesamten israelischen Außenhandels verantwortlich. Andersherum wären die Auswirkungen nicht gravierend. Israels Anteil am deutschen internationalen Handel beträgt nur 0,3 Prozent.

Steht also ein Kurswechsel ins Haus? Dass es dazu kommt, dürfte absehbar an der im EU-Rat benötigten Mehrheit scheitern. 15 der 27 Mitgliedstaaten mit zusammen mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung müssten zustimmen; die Einzelsanktionen müssten einstimmig beschlossen werden. Heißt: Rom und Berlin könnten blocken.

Und die spielen auf Zeit. »Die Bundesregierung hat sich noch keine abschließende Meinung darüber gebildet«, sagte der deutsche Regierungssprecher Stefan Kornelius am Mittwoch. Trotz der laufenden israelischen Bodenoffensive auf Gaza-Stadt – die im übrigen viele Monate andauern könnte, so Armeesprecher Effie Defrin am Mittwoch – sehe die Regierung keinen Zeitdruck, schließlich verhandle der EU-Rat erst Ende Oktober über das Thema. »Grundsätzlich« stehe man weiterhin »an der Seite Israels«, erklärte Kornelius. So bleibt es, trotz der offiziell mehr als 65.000 Toten, zunächst bei dem, was es ist: ein Vorschlag.

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