US-Arbeitsmarkt unter Druck
Von Lars Pieck
Die Verbraucherpreise in den USA stiegen im August aufgrund höherer Kosten für Wohnraum und Lebensmittel so stark wie seit sieben Monaten nicht mehr, doch ein Anstieg der Erstanträge auf Unterstützung von Erwerbslosen in der vergangenen Woche könnte die US-Notenbank Federal Reserve veranlassen, am kommenden Mittwoch die Zinsen zu senken. Der vom Arbeitsministerium am Donnerstag gemeldete, über den Erwartungen liegende Höhenflug des Verbraucherpreisindex führte zum stärksten Anstieg der Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahr seit Januar.
Die höhere Inflation und die sich abschwächenden Arbeitsmarktbedingungen schürten die Angst vor einer Stagflation und stellen die US-Notenbank über die erwartete Zinsentscheidung hinaus vor ein Dilemma: Eine zu schnelle Senkung der Zinsen birgt die Gefahr, dass sich die durch Zölle verursachte Inflation verfestigt, während eine Verzögerung der Senkung das Risiko mit sich bringt, dass die Erwerbslosenzahlen steigen. Dennoch wird allgemein erwartet, dass die politischen Entscheidungsträger den Leitzins in der nächsten Woche um einen Viertelprozentpunkt senken werden.
Die Wohnkosten erhöhten sich um 0,4 Prozent, während die Lebensmittelpreise insgesamt um 0,5 Prozent stiegen. Besonders im Supermarkt zogen die Preise mit einem Plus von 0,6 Prozent deutlich an. Benzin verteuerte sich sogar um 1,9 Prozent. Die Rindfleischpreise legten um 2,7 Prozent zu und lagen damit 13,9 Prozent über dem Vorjahresniveau. Noch deutlicher fiel der Anstieg bei Kaffee aus: Mit plus 3,6 Prozent gegenüber dem Vormonat lagen die Preise 20,9 Prozent über dem Wert des Vorjahres. Insgesamt stieg der Verbraucherpreisindex in den zwölf Monaten bis August um 2,9 Prozent und verzeichnete damit den höchsten Anstieg seit Januar, nachdem er im Juli bereits um 2,7 Prozent gestiegen war.
Der allgemeine Anstieg der Inflation war zum Teil darauf zurückzuführen, dass Unternehmen die höheren Kosten infolge der von Präsident Donald Trump verhängten Zölle an die Verbraucher weitergaben. Die Weitergabe der Einfuhrzölle erfolgte schrittweise, doch inzwischen haben die Unternehmen ihre vor deren Einführung angelegten Lagerbestände aufgebraucht. Unternehmensumfragen deuten bereits seit einiger Zeit auf bevorstehende Preiserhöhungen hin. Hinzu kommt, dass die Deportationen von Migranten zu einem Arbeitskräftemangel in der Landwirtschaft führten, was ebenfalls zu steigenden Preisen beitrug.
Die Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt wurden durch einen separaten Bericht des Arbeitsministeriums unterstrichen, aus dem hervorgeht, dass die Erstanträge auf staatliche Unterstützung in der Woche zum 6. September um 27.000 auf saisonbereinigt 263.000 gestiegen sind, den höchsten Stand seit Oktober 2021, deutlich mehr als die von Ökonomen prognostizierten 231.000 neuen Anträgen. Es ist auch der größte Anstieg innerhalb einer Woche seit fast einem Jahr.
Zusätzlich erklärte die Regierung in der vergangenen Woche, dass die Zahl der Beschäftigten außerhalb der Landwirtschaft in den zwölf Monaten bis März um 911.000 zu hoch angegeben worden sein könnte. Das folgte auf die Veröffentlichung des monatlichen Beschäftigungsberichts am vergangenen Freitag, aus dem hervorging, dass das Wachstum der Beschäftigtenzahlen im August fast zum Erliegen gekommen war und die Wirtschaft im Juni aufgrund der Unsicherheit hinsichtlich der Zölle zum ersten Mal seit viereinhalb Jahren Arbeitsplätze abgebaut hatte.
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