Seeleute für deutliches Heuer-Plus
Von Burkhard Ilschner
Um 9,5 Prozent sollen die Heuern deutscher Seeleute steigen, wenn es nach der Gewerkschaft Verdi geht: Ende vergangener Woche präsentierten Maren Ulbrich als Branchenleiterin Maritime Wirtschaft und Gewerkschaftssekretär André Scheer die Forderung für die aktuelle Tarifrunde.
Den derzeit noch geltenden Tarifvertrag für die deutsche Seeschifffahrt hat Verdi fristgerecht zu Ende 2025 gekündigt. Er hatte ab 1. Oktober 2023 den Seeleuten ein Heuer-Plus von 6,5 Prozent gebracht; zum 1. Oktober 2024 hatte es eine weitere Steigerung um 4,0 Prozent gegeben. Dennoch bilanziert Verdi, in Folge unter anderem von Pandemie und Inflation seien die Heuern seit 2020 »real um 6,5 Prozent gesunken«. Zugleich hätten aber die Reedereien »nicht nur Rekordgewinne eingefahren, sondern auch staatliche Subventionen in Milliardenhöhe kassiert« – wie berichtet, bezifferte der jüngste Subventionsbericht der Bundesregierung allein die Steuermindereinnahmen durch Tonnagebesteuerung von 2021 bis 2024 auf knapp 23 Milliarden Euro, zuzüglich mehrerer hundert Millionen Euro weiterer Schifffahrtssubventionen. Scheer schlussfolgert daher: »Das muss nun auch in Form von spürbaren Heuer-Erhöhungen bei den Seeleuten ankommen.«
Trotz allen Geredes von Politik und Reedern über Nachwuchs und personelle Sicherung der maritimen Wirtschaft nimmt die Zahl deutscher Seeleute immer weiter ab. Laut Knappschaft-Bahn-See (KBS) gab es am 30. Juni dieses Jahres nur noch 4.327 deutsche Seeleute, die in der deutschen Sozialversicherung versichert waren – zwölf Jahre zuvor, Mitte 2013, waren es noch rund 7.400. Schrumpfende Handelsflotte, anhaltende Ausflaggung in fremde Register: Aktuell bilanziert das zuständige Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) in Hamburg 246 Handelsschiffe unter deutscher Flagge bei gleichzeitig 1.385 Schiffen unter fremden Flaggen; Ende 2013 waren es laut BSH noch 395 Schiffe unter »Schwarz-Rot-Gold« und etwas mehr als 3.000 ausgeflaggte. »Wir können das dringend benötigte maritime Know-how in Deutschland nur sichern, wenn wir die entsprechenden Berufe attraktiver machen und die Menschen auch besser bezahlen«, mahnte Scheer eine höhere Wertschätzung für die Arbeit der Seeleute an, sie sei schließlich »von unschätzbarer Bedeutung für die Versorgungssicherheit«. Aufgeregte Debatten gab es noch während der Pandemie, diese Arbeit für »systemrelevant« zu erklären und daraus entsprechende Rechte abzuleiten – weder national noch international hatte das bislang nennenswerte Folgen.
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