Britische Gewerkschaften ringen mit Labour
Von Dieter Reinisch
Im Wahlkampf hielten viele der britischen Gewerkschaften noch zu Labour. Doch seit die Labour-Regierung im vergangenen Herbst die Heizkostenzulage für Rentner gestrichen hat, sind die Risse im Verhältnis zur Partei tiefer geworden. Die 157. Konferenz des britischen Gewerkschaftsverbands Trade Union Congress (TUC), die am Mittwoch in Brighton zu Ende ging, war geprägt von der Frage, wie sich der Verband zur rechten Politik verhalten soll. Schon im Juli hatte die mitgliederstärkste Gewerkschaft Unite beschlossen, einen Prozess einzuleiten, um die Verbindung mit dem Labour-Dachverband zu beenden.
Die Unzufriedenheit war spürbar, doch von einer einheitlichen Haltung ist der TUC noch entfernt. Einige Resolutionen lehnten Regierungsvorhaben ab. TUC-Generalsekretär Paul Nowak forderte die Regierung auf, sich klar auf die Seite der Arbeiter zu stellen. »Setzen Sie das Gesetz über die Rechte der Beschäftigten (engl. Workers Right’s Bill) vollständig um, sorgen Sie für die Veränderungen, die Sie bei der Wahl versprochen haben, und zeigen Sie den Arbeitern, dass Sie auf ihrer Seite stehen.« »In jeder Rede wird deutlich, dass die Frustration über Labour wächst, weil sie ihr Versprechen nicht schnell genug einlöst«, kommentierte Labour List am Mittwoch.
Bei der Debatte, ob die Erhöhung der Militärausgaben abgelehnt werden sollte, war es am Dienstag hitzig zugegangen. Ein Antrag, der sich gegen die Erhöhung ausspricht, erzielte schließlich eine knappe Mehrheit. Einzelgewerkschaften, die 2.871.000 Mitglieder repräsentieren, stimmten dafür, repräsentierte 2.291.000 Mitglieder dagegen. Der TUC entschloss sich so, zunächst die Kampagne für öffentliche Investitionen in öffentliche Dienstleistungen voranzutreiben. Die Priorität der Gewerkschaft liege »bei Wohlfahrt und Löhnen, nicht bei Waffen und Krieg«, heißt es in der Resolution.
Da der öffentliche Dienst mit der Aussage konfrontiert sei, »es sei kein Geld mehr da«, müssten die Ausgabenerhöhungen im Militärsektor abgelehnt werden, hatte Antragstellerin Jo Grady, Generalsekretärin der Universitätsgewerkschaft UCU, argumentiert. Die Forderung des Gewerkschaftsbundes müsse lauten, die Mittel zur Unterstützung der Arbeiter aufzubringen. Doch Mike Clancy, Generalsekretär von Prospect, forderte etwa, Arbeiter in der Rüstungsindustrie »auch als Mitglieder der Gewerkschaftsbewegung« anzuerkennen. Er warnte vor den Folgen des Antrags für deren Arbeitsplätze und erklärte, es drohe eine »Spaltung der Gewerkschaften«. Das Gewicht von 600.000 Mitgliedern machte in der Abstimmung den Unterschied.
Der Generalsekretär der Transportarbeitergewerkschaft RMT, Eddie Dempsey, griff den Labour-Bürgermeister der britischen Hauptstadt, Sadiq Khan, wegen der anhaltenden Streiks der Londoner U-Bahn an. Sharon Graham, Generalsekretärin von Unite, drohte mit der Einbehaltung der Mitgliedsbeiträge, sollten die streikenden Kollegen der Müllentsorgung in Birmingham mit einer Geldstrafe belegt werden, wie die dortige Labour-Stadtregierung angekündigt hat. Anfang der Woche stimmten die Gewerkschaftsmitglieder für eine Verlängerung des Streikmandats um weitere sechs Monate.
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