Die Bayern ärgern
Von Jens Walter
Schaden kann das nicht. Auch privat ist Roberto Pätzold, Trainer der Bundesligafußballerinnen von Bayer Leverkusen, von Frauen umgeben. »Ich habe drei Töchter, meine Mutter hat acht Schwestern. Ich selbst habe eine Schwester, eine Nichte und zehn Cousinen. Wir sind in der Familie also wirklich sehr viele Frauen. Das hat mich geprägt«, so Pätzold im Gespräch mit der dpa.
Seit vorigem Sommer coacht der 46jährige die weibliche Werkself. Nach der besten Saison der Vereinsgeschichte verlängerte er seinen Vertrag vorzeitig bis 2027 und will den Erfolg fortsetzen. »Wir schauen zuversichtlich in die neue Saison, wohl wissend, dass sich die Konkurrenzsituation verändert hat«, sagt Pätzold. »Bayern, Wolfsburg und Frankfurt waren uns in Sachen Konstanz und Kontinuität noch voraus. Aber wir wollen den Abstand verkleinern – tabellarisch und in den direkten Duellen.«
Gleich zum Auftakt wartet mit einem dieser Duelle ein Highlight. In der Allianz-Arena trifft Leverkusen im Eröffnungsspiel der neuen Bundesligasaison am Sonnabend auf den deutschen Meister FC Bayern München. »Das ist ein riesiger Push. Ich hoffe, dass es die Spielerinnen beflügelt«, sagt Pätzold. »Wir müssen absolut on-point sein, um auswärts beim FC Bayern bestehen zu können. Aber wir sind selbstbewusst und voller Vorfreude.«
Mittlerweile sind 50.000 Tickets für das Eröffnungsspiel verkauft, wie der FC Bayern München am Montag bekannt gab. Die Partie wird damit zu einem historischen Ereignis: Nie zuvor wurden für ein Bundesligaspiel der Frauen hierzulande derart viele Tickets verkauft. Der bisherige Zuschauerrekord von 38.365 Fans wurde 2022 beim Duell zwischen dem 1. FC Köln und Eintracht Frankfurt aufgestellt.
Für Pätzold und sein Team ist der Auftakt nicht nur eine sportliche Herausforderung, sondern auch ein Zeichen für den Aufschwung des Frauenfußballs. »Die Spielerinnen arbeiten täglich hart und professionell und haben es daher verdient, vor solchen Kulissen zu spielen«, betont der gebürtige Berliner, den auch die mediale Präsenz freut. Neben Magenta Sport und Dazn überträgt auch die ARD den Ligaauftakt der Fußballerinnen im Free-TV.
»Wenn es einen guten Zeitpunkt gibt, die Bayern zu ärgern, dann vielleicht zum Beginn der Saison«, wirft Pätzold den Blick voraus. Nach der erfolgreichen Vorsaison weiß der Coach aber auch, dass die neue Spielzeit kein Selbstläufer wird. »Es wird eine spannende Herausforderung, die Performance und die Ergebnisse aus unserer Rekordsaison zu bestätigen. Wenn man ein hohes Level erreicht hat, braucht es auch einen noch deutlich höheren Invest, um ganz kleine weitere Entwicklungsschritte zu machen.«
Doch die Voraussetzungen beim Team sind gut: Leistungsträgerinnen konnten gehalten und der Kader punktuell verstärkt werden – unter anderem mit Nationalspielerin Carlotta Wamser und Torjägerin Vanessa Fudalla. »Wir bleiben unserer Philosophie treu: Der Kader ist bewusst eher klein, weil wir weiter auch jungen Spielerinnen die Möglichkeit auf Spielzeit geben wollen«, sagt Pätzold, für den Bayer Leverkusen die erste Station im Frauenprofifußball ist.
Ein Unterschied zum Männerfußball liege vor allem in der Heterogenität der Biographien, erklärt er. »Es gibt Spielerinnen, die seit frühester Jugend im Nachwuchsleistungszentrum ausgebildet wurden – und andere, die ihre komplette Jugend in Jungenmannschaften verbracht haben.« Dazu käme bei einigen jungen Spielerinnen die Doppelbelastung durch Schule oder berufliche Ausbildung. Auch zyklusbasiertes Training sei ein Thema.
Und noch etwas ist anders. »Ich kann als Mann natürlich nicht die gleiche Präsenz in der Kabine haben wie bei einer Männermannschaft. Aber wir haben einen tollen Staff und ergänzen uns sehr gut«, erklärt der Trainer, der etwas besonders schätzt: »Die Kommunikation ist anders als bei Männern, die Feedbackkultur ist viel ausgeprägter. Das empfinde ich als sehr angenehm.«
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