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Aus: Ausgabe vom 18.08.2025, Seite 15 / Politisches Buch
Forschungen zur Arbeiterbewegung

Der einfachste Weg

Eine neue Ausgabe der Beiträge zur Geschichte der Arbeiterbewegung ist erschienen
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Die westdeutschen Banken grüßen die neue Kundschaft: DDR-Bürger warten vor einer Bankfiliale in Westberlin auf »Begrüßungsgeld« (November 1989)

Das neue Heft der Beiträge zur Geschichte der Arbeiterbewegung (BzG) enthält drei umfangreichere Aufsätze bzw. Dokumentationen. Matthias John setzt die Dokumentation der anwaltlichen Tätigkeit Karl Liebknechts fort – diesmal geht es um einen Fall aus dem Jahr 1904, als Liebknecht die beiden sozialdemokratischen Berliner Stadtverordneten Richard Augustin und Adolf Hoffmann in einer Auseinandersetzung mit dem Magistrat vertrat. Letzterer hatte beide von Revisionen der Tätigkeit des Armenhauses und des städtischen Obdachs ausgeschlossen.

Wolfgang Blöß befasst sich mit den Auseinandersetzungen um das Agrarprogramm der deutschen Sozialdemokratie zwischen der Reichsgründung 1870/71 und dem Ersten Weltkrieg. Die Rekonstruktion der Debatten auf den Parteitagen und in der Parteipresse bestätigt, dass sich in der Partei in dieser Hinsicht in der Hauptsache zwei Lager herausbildeten: Jenes, das eine Orientierung auf die Klein- und Mittelbauern empfahl und unter diesem Gesichtspunkt einer Zerschlagung des Großgrundbesitzes mit anschließender Aufteilung des Bodens das Wort redete, und jenes, das sich gegen eine Zerstörung des Großbesitzes und die Verteilung des Bodens etwa an anzusiedelnde Landarbeiter aussprach, da die landwirtschaftlichen Großbetriebe vergleichsweise leicht in eine sozialistische Produktionsweise überführt werden könnten. Diese Sozialdemokraten vertraten die Auffassung, dass eine Parzellierung des Bodens im Zuge einer Landreform einer Förderung von »rückständigen Betriebsformen« gleichkomme und mit den Grundsätzen des Sozialismus nicht zu vereinbaren sei. Verknüpft war diese Debatte mit den Kontroversen zwischen Marxisten und Revisionisten über die von Marx bejahte und von den Revisionisten verneinte Frage, ob der landwirtschaftliche Kleinbetrieb zum Untergang verurteilt sei.

Ulrich Busch schreibt über die »Transformation und Privatisierung des Bankensektors in der DDR« im Jahr 1990. »Merkwürdigerweise« kämen »der Umbau, die Privatisierung und die Übernahme der DDR-Banken« in der relativ umfangreichen Literatur über die Arbeit der Treuhandanstalt kaum vor, stellt er fest. Dabei habe die institutionelle Neuordnung des Geld- und Bankensystems eine »unverzichtbare Voraussetzung für den Umbau der Volkswirtschaft der DDR und deren Integration in die bundesdeutsche Wirtschafts- und Sozialordnung« gebildet. Busch weist darauf hin, dass die Transformation des Bankensektors der DDR im Gegensatz etwa zu den Bereichen Industrie und Landwirtschaft oder auch Wissenschaft und Verwaltung wie eine »geordnete Überleitung« erscheine. Voraussetzung für die Durchführung der Währungsunion im Juli 1990 sei ein funktionsfähiges und nach westdeutschem Muster geordnetes Bankensystem gewesen: »Als der einfachste Weg hierfür erwies sich die Übernahme der DDR-Banken durch westdeutsche Großbanken.« Durch die geldpolitische Dominanz der westdeutschen Banken in Ostdeutschland konnte zudem ein Druck aufgebaut werden, der den Privatisierungsprozess der Treuhand beschleunigte. (jW)

Beiträge zur Geschichte der Arbeiterbewegung, Nr. 2/2025, 173 Seiten, Einzelheft 16 Euro, Bestellungen über den Buchhandel oder direkt beim Trafo-Wissenschaftsverlag, Finkenstr. 8, 12261 Berlin, E-Mail: ­info@trafoberlin.de

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