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Aus: Ausgabe vom 18.08.2025, Seite 8 / Ansichten

Defensivstrategin des Tages: Larissa Nizoj

Von Reinhard Lauterbach
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Larissa wer? Die ukrainische Kinderbuchautorin ist außerhalb der Grenzen ihres Landes mit ihrem literarischen Werk nicht weiter bekannt geworden. Das mag an dessen Qualität liegen, vielleicht aber auch daran, dass sie dessen potentielle Reichweite bewusst einschränkt: Nizoj ist eine Fanatikerin der sprachlichen Ukrainisierung, seitdem sie beim Lehrerstudium statt des gewünschten Russischen das Fach Ukrainisch zugewiesen bekam. Die begrenzte Verbreitung ihres Werks gleicht Nizoj aus mit radikalen Vorschlägen in der Sprachenpolitik. Zuletzt hat sie in einem Fernsehinterview die Forderung anderer »Kulturschaffender« unterstützt, die ukrainische Jugend so zu erziehen, dass sie russisch sprechenden Klassenkameraden ungestraft »eins aufs Maul geben« dürfe und solle. Es tue ihr leid um die Kinder, so Nizoj, aber anders würden es Eltern, die in der Familie Russisch sprächen, nie kapieren: »Wer aus den Raketen nichts gelernt hat, der muss es halt so lernen, dass in der Ukraine Ukrainisch gesprochen wird.« Und willst du nicht Ukrainer sein, dann schlag’ ich dir die Fresse ein.

Man kann einwenden, Sprüche wie diese seien »Einzelmeinungen«, und das mag empirisch auch so sein. Es reicht ja, in deutschen Verkehrsmitteln die Ohren aufzusperren, in welcher Sprache ukrainische Geflüchtete sich unterhalten. Gleichwohl ist Nizoj mit ihren Aussprüchen ungeahnt zeitgemäß. Denn wer auf solche »Argumente« zurückgreifen muss, um dessen Sache ist es objektiv schlecht bestellt. Insofern ist der Vorstoß von Larissa Nizoj objektiv eine Rückzugsoperation. Die Ukrainisierung des ganzen Landes ist auf den Schlachtfeldern des Donbass gescheitert; jetzt soll der chauvinistische Fiebertraum offenbar auf den Schulhöfen der Restukraine wahr werden. Ob das der ukrainischen Sprache Fans zuführt, muss man sehen.

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