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Aus: Ausgabe vom 15.08.2025, Seite 1 / Kapital & Arbeit
UN-Abkommen

Plastikmüll weiter Konfliktstoff

Zähe Verhandlungen in Genf um Forderung nach Deckelung der Produktion
Von David Siegmund-Schultze
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Kein Abbruch in Sicht: Der Planet versinkt im Plastemüll (Lahore, 7.8.2025)

Ein UN-Plastikabkommen ist immer noch nicht unter Dach und Fach. Im vergangenen Jahr hätte es im südkoreanischen Busan bereits eine Einigung geben sollen. Bis Donnerstag nachmittag konnten sich die Vertreter von 184 Staaten in Genf wieder nicht verständigen – die Abschlusssitzung wurde auf den Abend verschoben. Seit zweieinhalb Jahren laufen die Verhandlungen erfolglos. Am letzten Tag in Genf waren die Fronten zwischen den öl- und plastikproduzierenden Staaten wie den USA, Russland, Saudi-Arabien und Iran auf der einen Seite und der Mehrheit der lateinamerikanischen, afrikanischen und europäischen Länder auf der anderen Seite gewohnt verhärtet. Während erstere das Abkommen auf die Bereiche Abfallwirtschaft und Recycling beschränken wollen, fordern letztere die verbindliche Deckelung der Plastikproduktion sowie strengere Vorschriften zur Verwendung schädlicher Chemikalien.

Im Jahr 2022 wurden weltweit rund 400 Millionen Tonnen Plastik produziert; laut einer Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD wird sich die produzierte Menge bis 2060 verdreifachen, wenn nicht eingegriffen wird. Nur etwa neun Prozent werden derzeit recycelt – der Müll wird also immer mehr zur Belastung, unter anderem der Weltmeere. Weil der am Mittwoch vorgeschlagene Entwurf das Thema Produktion nicht einmal erwähnte, lehnten ihn viele Staaten kategorisch ab. Der kolumbianische Delegierte bezeichnete ihn als »komplett inakzeptabel«, sein panamaischer Kollege sprach von einer »Kapitulation«.

Wieder würden im Falle des Scheiterns »Profitinteressen über den Schutz von Mensch und Natur gestellt«, so Mareike Hermeier von der Linke-Bundestagsfraktion. »Die Leidtragenden sind Mensch, Tiere und Umwelt: Meere ersticken, Böden und Nahrung sind belastet, Kinder wachsen mit Mikroplastik im Körper auf.« Laut Greenpeace sei der Entwurf ein »Geschenk an die petrochemische Industrie und Verrat an der Menschheit«. Auch die Gegenseite kritisierte das vorgeschlagene Dokument.

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  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (14. August 2025 um 21:16 Uhr)
    Schon Albert Einstein soll gesagt haben: »Zwei Dinge sind unendlich – das Universum und die menschliche Dummheit. Beim Universum bin ich mir nicht ganz sicher.« Wer die zähen Verhandlungen in Genf verfolgt, bekommt eine Ahnung, was er meinte. In den frühen 1950er-Jahren, in den ungarischen Nachkriegsjahren, lernte ich noch, dass die Menschheit bald durch den Sozialismus von all ihren Problemen erlöst werde – einerseits dank der Atomkraft, andererseits durch die Wunderwelt des Kunststoffs. Heute haben wir weder den versprochenen Sozialismus noch die erhoffte Problemlosigkeit. Stattdessen tragen wir schwer an den Folgen: Atom- und Plastikmüll belasten Mensch und Natur mehr denn je. Warum nur fällt es uns so schwer, konsequent auf Naturstoffe und nachhaltige Materialien zu setzen? Wäre es nicht höchste Zeit, dies ernsthaft zu erproben – aus reinem Eigeninteresse, bevor wir uns in unserem eigenen Abfall endgültig verstricken?

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