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Was Löwen wollen Aus den Unterklassen. Von Gabriele Damtew

Von Gabriele Damtew
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Fressen, schlafen, jagen, aufsteigen?

Der TSV 1860 München will wieder große Semmeln backen. In Zukunft. Das Jetzt ist allerdings die ungeliebte dritte Liga, in der die Münchner seit sieben Jahren herumdümpeln. Davor setzte es noch einen Zwangsabstieg in die Regionalliga. Aufstiegsambitionen sind nicht ganz neu beim Münchner Underdog, was zur Folge hat, dass sie weniger ernst genommen werden. Hinzu kommen Abhängigkeit von und Dispute mit Investor Hasan Ismaik, der dem Präsidium, der Presse und zuletzt sich selbst nicht ungern widerspricht. Besonders was den angeblichen Verkauf seiner Anteile betrifft. Wenn Bayern München Oper ist, dann ist 1860 München Musical.

Bei der Besetzung der Löwen hat sich diese Saison aber Großes getan. Hoffnungsträger sind zwei Ü-30-Spieler, die in ihrer frühen Jugend für den Verein gekickt haben: Kevin Volland (33 Jahre) und Florian Niederlechner (34). Beide keine Unbekannten, beide zuletzt in Diensten Berliner Vereine. Volland bei Bundesligavagant Union, Niederlechner beim zweitklassigen Operettenhaus Hertha. Die »Rückholaktion« wird in München-Giesing allgemein gefeiert. Aus Sicht der Fans nachvollziehbar. Alles, nur kein schmeichelhafter elfter Platz wie in der Vorsaison. Immerhin sehen wohl 17 von 20 Trainern der dritten Liga die Giesinger als Favoriten für den Aufstieg. Allerdings nicht zum ersten Mal daneben getippt. Dennoch erstaunlich, wie sich die Sechziger die zwei Leuchten ihrer Zunft leisten konnten. Und nicht nur deren Gehälter. Der Kader wurde insgesamt mit erfahrenem Personal aus zweiter und dritter Liga aufgestockt.

Schon am ersten Spieltag der neuen Saison gegen Rot-Weiss Essen erfüllte Niederlechner mit seinem Ausgleichstor zum 1:1 erste Erwartungen der Löwenfans. Vergangenen Sonnabend stach das Duo bei der Premiere zu Hause erneut gegen Osnabrück zu. Diesmal war es Volland, der traf. Wahrscheinlich abseits, wir sind in der dritten Liga ohne VAR, herrlich, oder? Das 2:0 ging dann auf das Konto von Niederlechner nach einem Abpraller von Volland. Geht das jetzt immer so weiter? Ja. Nach der Pause Niederlechner mit dem Pass auf die Fußspitze des von Hansa Rostock abgeluchsten Sigurd Haugen zum 3:0. Fair zu erwähnen, dass auch der VfL Osnabrück zum Anschluss durch Patrick Kammerbauer kam. Dabei blieb es dann aber trotz des unermüdlichen Drucks der Ostwestfalen.

Tabellenführer nach zwei Spieltagen sind aber nicht die Löwen, sondern die Zebras von Aufsteiger Duisburg. Auch sie alte Bekannte, die den Absteiger aus der zweiten Liga, den Jahn aus Regensburg, trotz Heimspiel erst mal gnadenlos daran erinnerten, wie es in Liga drei läuft (4:0).

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Franz S. (12. August 2025 um 08:40 Uhr)
    Mit »Aus den Unterklassen« wird der Artikel angekündigt. Und: »Der TSV 1860 München will wieder große Semmeln backen. In Zukunft. Das Jetzt ist allerdings die ungeliebte dritte Liga, in der die Münchner seit sieben Jahren herumdümpeln«. Da ist viel Unkenntnis im Spiel, wenn die Dritte Liga als Unterklasse bezeichnet wird. Die Heimspiele von 1860 sind regelmäßig ausverkauft (15000). Auch auswärts ist Sechzig Zuschauermagnet wie zuletzt zum Saisonauftakt beim Duell zweier deutscher Meister in Essen (knapp 20000 Zuschauer). »Herumdümpeln« sieht anders aus. Ungeliebte dritte Liga? Kommt auf die Perspektive an. Vereine wie der mehrfache DDR-Pokalsieger 1. FC Lokomotive Leipzig, der dreimalige DDR-Meister FC Carl Zeiss Jena, der zehnmalige DDR-Meister BFC Dynamo oder ehemalige Bundesligisten wie Oberhausen, Aachen, Unterhaching, Wuppertal, Homburg, Offenbach, Stuttgarter Kickers wären froh in der dritten Liga spielen zu dürfen. Fazit: Aufstieg in die sportjournalistische Oberklasse gefährdet.

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