Deal ohne Beispiel
Von David Siegmund-Schultze
Es wäre ein Präzedenzfall: Die US-Chiphersteller Nvidia und AMD sollen sich mit der Administration Donald Trumps auf die Zahlung von Ausfuhrgebühren geeinigt haben. 15 Prozent ihrer Einnahmen aus dem Verkauf von hochentwickelten Chips auf dem chinesischen Markt sollen sie künftig an die US-Regierung abführen. Im Gegenzug würden sie wieder Ausfuhrgenehmigungen nach China erhalten – Trump hatte diese im Frühjahr ausgesetzt. Das berichtete die Financial Times (FT) am Sonntag. Einen solchen Deal habe es zuvor noch nie gegeben, so die US-Zeitung unter Berufung auf Experten für Exportkontrolle. Die US-Finanzmarktanalyseplattform The Kobeissi Letter machte gar »eine neue Ära für US-amerikanische Unternehmen« aus, wie es in einem Post auf X am Montag hieß. Es zeichne sich ab, dass Großkonzerne vermehrt separate Einigungen mit der Regierung abschließen – zum Nachteil von mittleren und kleineren Unternehmen.
Laut Nvidia-Chef Jensen Huang hätte ein fortbestehendes Exportverbot einen Verlust von etwa 50 Milliarden US-Dollar in den kommenden zwei bis drei Jahren für seinen Konzern zur Folge gehabt. Im zweiten Quartal 2025 machte Nvidia bereits ein Minus von 4,5 Milliarden US-Dollar aufgrund der von Trump eingeführten Sperre für H20-Chips. Der Konzern hatte die H20-Halbleiter im vergangenen Jahr speziell für den chinesischen Markt entwickelt, nachdem die Vorgängerregierung unter Joe Biden neue Exportregeln für hochentwickelte Chips eingeführt hatte, die für künstliche Intelligenz genutzt werden.
Laut einer Berechnung von The Kobeissi Letter muss der Konzern mit der nun geschlossenen Vereinbarung innerhalb der nächsten drei Jahre 3,8 Milliarden US-Dollar Gebühren an die US-Regierung zahlen; weit weniger als der von Huang prognostizierte Verlust von 50 Milliarden US-Dollar, wäre es zu keinem Deal mit Trump gekommen. Der Nvidia-Chef hatte mehrfach persönlich bei Trump für eine Aufhebung der Beschränkungen lobbyiert, zuletzt am vergangenen Mittwoch. Laut der FT wurde sich dabei über die Ausfuhrgebühren geeinigt.
Biden und Trump begründeten ihre Vorstöße damit, dass Beijings Fortschritt im Feld der künstlichen Intelligenz durch einen erschwerten Zugang zu hochentwickelten Chips ausgebremst werden soll. Alleine Nvidia kontrolliert etwa 90 Prozent des globalen Markts für derartige Halbleiter, die für die schnelle Ausführung datenintensiver Aufgaben unverzichtbar sind. Vergangene Woche positionierten sich 20 Personen aus dem US-Sicherheitsestablishment in einem Brief an das Handelsministerium gegen eine Aufhebung der Exportsperre, darunter Trumps ehemaliger stellvertretender Berater Matt Pottinger. Diese sei ein »strategischer Fehltritt, der die wirtschaftliche und militärische Führungsrolle der Vereinigten Staaten im Bereich der künstlichen Intelligenz gefährdet«, heißt es darin. Außerdem würden die Chips letztlich auch von Chinas Militär genutzt werden.
Doch der im Frühjahr beschlossene Ausfuhrstopp hatte zur Folge, dass Beijings Technologiekonzerne die Entwicklung eigener Chips beschleunigt haben, um die Abhängigkeit von den US-Herstellern zu überwinden. Laut Huang sei die Exportsperre also ein Eigentor und verfehle das vorgegebene Ziel – letztlich werde die Führungsrolle der USA auf dem chinesischen Chipmarkt, dem wichtigsten weltweit, freiwillig aufgegeben. In den vergangenen Jahren habe man bereits große Marktanteile an heimische Hersteller verloren. Und je schneller diese die technologische Lücke schließen, desto bedrohlicher würden sie auch für die Absätze von US-Konzernen auf dem Weltmarkt werden.
Angesichts Trumps sprunghafter Politik wird China von seinem eingeschlagenen Kurs der Emanzipation von den US-Chips nicht abweichen, auch wenn nun wieder Halbleiter von Nvidia und ABM eingeführt werden können. Dennoch kommt die Einigung zwischen den Konzernen und der US-Regierung chinesischen Unternehmen gelegen, die sich mit Hilfe der Nvidia-Chips in noch schnellerem Tempo von diesen unabhängig machen können.
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