Rente vorerst stabil
Von Max Grigutsch
Gegen Altersarmut hilft eine gute Rente. Für deren Stabilität will Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas mit einem Gesetzentwurf sorgen, der am Mittwoch vom Bundeskabinett beschlossen wurde. Ziel der SPD-Politikerin ist, das Rentenniveau bis 2031 bei 48 Prozent des Durchschnittslohns zu halten. Auch eine Verbesserung der Mütterrente – Eltern von vor 1992 geborenen Kindern sollen ab 2027 drei statt bislang zweieinhalb Jahre Erziehungszeit bei der Rente angerechnet bekommen – passierte das Regierungsgremium. Für die anfallenden Mehrkosten in zweistelliger Milliardenhöhe soll großteils der Bundeshaushalt aufkommen. Dennoch soll der Beitragssatz ab 2027 von 18,6 auf 18,8 Prozent des Bruttolohns steigen, wie aus dem Entwurf hervorgeht.
Nach Ansicht der Berufspolitiker steht das Rentensystem unter Druck. Es ist die alte Leier: Kommen mehr Rentner auf weniger Beitragszahlende, wird das Umlageverfahren teurer, so die gängige Meinung. 1992 standen 2,7 Beitragszahlende einem Rentner gegenüber, heute sind es weniger als zwei. Gleichzeitig wuchs die Rentenbezugsdauer von 1998 bis 2023 im Schnitt von 13,6 auf 18,8 Jahre. Im Resultat: 2024 zahlten Bosse, Beschäftigte und Bund zusammen 408 Milliarden Euro in die Rentenkassen ein – ein Anstieg um mehr als 60 Prozent verglichen mit 2010. Es findet in der Debatte indes kaum statt, dass viel Reichtum in den Händen weniger konzentriert ist – und diese wenigen zudem nicht in die Rentenkassen einzahlen.
Um Leistungskürzungen zu vermeiden, sind die Renten seit 2018 auf 48 Prozent des Durchschnittsverdienstes nach 45jähriger Beitragszahlung festgesetzt. »Mit der Verlängerung der Haltelinie sorgen wir dafür, dass die Rentenentwicklung weiter der Lohnentwicklung folgt«, erklärte Bas am Mittwoch. Die Rente bleibe »stabil und gerecht«. Im ZDF-»Morgenmagazin« hatte sie bereits betont: »Für die, die lange gearbeitet haben, muss sicher sein, dass sie davon leben können.«
Ein »wichtiger Schritt«, meinte DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel nach dem Beschluss. Zuspruch auch von Sozialverbänden: Die Verlängerung »stärkt das Vertrauen in die gesetzliche Rentenversicherung«, sagte Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbands VdK, in einer Mitteilung. Der Beschluss sei ein »überfälliger Beitrag zur Geschlechter- und Generationengerechtigkeit«, erklärte Joachim Rock, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbands. Auch Linke-Chefin Ines Schwerdtner nannte den Schritt im ZDF-»Morgenmagazin« »richtig«; trotzdem müsse das Rentenniveau nach Ansicht ihrer Partei auf 53 Prozent erhöht werden.
Kritik kam erwartungsgemäß aus der Kapitallobby. »Der heutige Kabinettsbeschluss ist ein Fehler mit langfristigen Folgen«, verkündete »Arbeitgeberpräsident« Rainer Dulger und verwies auf zusätzliche Kosten von rund 50 Milliarden Euro bis 2031. Johannes Geyer vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung erklärte das Vorhaben zwar für ein »richtiges Signal«, angesichts der hohen Kosten seien langfristig aber »mehr qualifizierte Zuwanderung, eine höhere Frauenerwerbstätigkeit, mehr ältere Erwerbstätige und bessere Bildung« nötig.
Ab Herbst soll sich eine Rentenkommission dann mit einer grundsätzlichen Reform der gesetzlichen Altersvorsorge beschäftigen. Im Raum stehen nach Aussage von Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) eine Erhöhung der Lebensarbeitszeit sowie des Renteneintrittsalters. VdK-Präsidentin Bentele befand das für »absurd«. Unionsfraktionsvize Mathias Middelberg vermeldete im RTL-»Frühstart« hingegen die Notwendigkeit »schmerzhafter Reformen« – dazu gehöre auch die Arbeit im höheren Alter. Bei Schwerdtner traf das zwar auf Ablehnung – in Richtung Koalitionsfähigkeit blinkte die Linke-Chefin dann aber trotzdem: »Wenn es um eine moderate Erhöhung geht, dann können wir darüber sprechen.«
Immerhin: Bas ließ vorerst abblitzen. Ein Bezug erst mit 70 wäre eine »reine Rentenkürzung«, sagte sie. Einen Akzent ganz im Sinne der von der »schwarz-roten« Koalition geplanten »Aktivrente« setzte die Ministerin dann doch: »Es ist ja nicht verboten, länger zu arbeiten.«
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