Kleiner Wurf
Von Andreas Müller
Erstmals ein eigener Etat: Mit dem in der Vorwoche vom Bundeskabinett beschlossenen Entwurf für den Haushalt 2026 einschließlich der Vorplanung bis 2029 wurde zugleich fürs neue »Staatsministerium für Sport und Ehrenamt« ein eigenes Budget abgezirkelt. Ein kleiner Wurf, gemessen an den hohen Erwartungen insbesondere des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB). Auch und vor allem ernüchternd, weil sich Staatsministerin Christiane Schenderlein (CDU) das vordringlichste Problem, die Sportstättenmisere, geschickt vom Schreibtisch fernhalten zu wollen scheint.
»Zusammen mit den im Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen und im Sondervermögen der Bundesregierung für die Länder in Höhe von 100 Milliarden Euro vorgesehenen Mitteln wird ein starkes Zeichen für die Sportinfrastruktur Deutschlands in den kommenden Jahren gesetzt. Das gibt den Spielraum, um die notwendigen Investitionen in Sportanlagen und Schwimmbäder anzugehen«, so die Unionspolitikerin Ende Juni. Sollte heißen: Mit den maroden »Jedermannsportstätten«, deren Sanierungsbedarf allein in Hessen mehr als zwei Milliarden Euro beträgt und bundesweit ein Mehrfaches davon, habe ihr neues Haus nichts zu schaffen. Darum sollen sich das Bauressort und die Länder kümmern. Folglich taucht im Etatansatz des Staatsministeriums für 2026 unter »wichtige Investitionen in die Sportinfrastruktur« ein Zuwachs von mageren 29,4 Millionen Euro auf – für Sportanlagen des Leistungssports.
Insgesamt umfasst der Etatentwurf fürs nächste Jahr 359 Millionen Euro – was nominell 26 Millionen Euro mehr wären als die 333 Millionen für den Sport in diesem Jahr, die ein letztes Mal beim Bundesministerium des Innern eingestellt sind. Indes gibt es einen Haken, auf den Christiane Schenderlein selbst hinwies. Aus ihrem Gesamtbudget werde nämlich nicht der Sport allein, sondern zugleich das Ehrenamt bedient. Demnach stelle der Kabinettsbeschluss zugleich »Weichen für eine schlagkräftige, wertschätzende Ehrenamts- und Engagementpolitik«. Mit verlässlichen Rahmenbedingungen gebe man der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt (DSEE) Raum zur Fortführung und Weiterentwicklung ihrer Förder- und Beratungsangebote.
In diesem Jahr erhält die DSEE rund 30 Millionen Euro vom Bund. Und 2026? Schenderleins Worte lassen vermuten, dass dieser Betrag dann aus ihrem Budget fließt – oder eine ähnlich ansehnliche Summe, womöglich mit einem anderen Ressort »mischfinanziert«. Was im Umkehrschluss heißt: Die Mittel für den »Bereich Sport« dürften sich um eine noch unbekannte Summe für den »Bereich Ehrenamt« reduzieren. Wie genau sich diese beiden wichtigsten Eckdaten zueinander verhalten sollen, wird noch unter der Decke gehalten. Zwei jW-Anfragen dazu ließ das Staatsministerium unbeantwortet.
Heikle Details zeigte zuletzt auch Andreas Klages auf, der Hauptgeschäftsführer des Landessportbundes (LSB) Hessen. Er erklärte sich gegenüber dem Portal Sportspitze(n) verwundert über das Gebaren des Bundesministeriums der Finanzen. Es habe den »Förderbereich Sportstätten«, der zu gern einen Batzen aus dem »zivilen Sondervermögen« für Investitionen in die Infrastruktur abbekäme, kurzerhand »im Kleingedruckten der Gesetzesbegründung versteckt«. Eine deutliche Aufweichung von Zusagen, die den Ländern zuvor von Regierungsseite gemacht worden waren. Warum grundlegende Bedürfnisse des Basissports derart abgebügelt werden, bleibe Andreas Klages zufolge das Geheimnis des Finanzministeriums – »oder aber dies steht für die zu geringe Bedeutung, die dem Sport durch den Bund zugewiesen wird«. Damit wird der Kern aller Haushaltsfragen berührt: die Marge von 100 Milliarden Euro, die vom Sondervermögen für die Länder reserviert ist. Bei der Verteilung kann in Euro und Cent gemessen werden, ob und wie der »Alltagssport für Normalos« wertgeschätzt und welcher Platz ihm zugemessen wird.
Darum kam vorigen Freitag die klare Ansage des DOSB-Präsidiums: Von dem auf zehn Jahre konzipierten Sondervermögen für die Länder müssten zehn Prozent in die Infrastruktur des Sports fließen, das wären ab 2026 jährlich rund 8,33 Milliarden Euro. »Unsere Mitglieder wollen sehen«, so Präsident Thomas Weikert selten deutlich, »dass sich in ihrem Leben und damit vor Ort etwas verbessert.«
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Joachim S. aus Berlin (6. August 2025 um 13:22 Uhr)Künftige Kriege werden – so darf man wohl annehmen – nicht in Stadien und Schwimmhallen entschieden. Da kann der DOSB noch so laut nach Investitionen rufen, die Politik hat längst entschieden, wofür das Geld gebraucht wird: Für den Weltuntergang. Sportstätten sind dabei sowas von egal. Schon weil damit zu rechnen ist, dass auch die Sportstätten einen Krieg nicht überleben werden. Wozu also Geld in die Hand nehmen für etwas, was ohnehin den Bach runtergehen soll? Merz’sche Realpolitik in der BRD 2025!
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