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Aus: Ausgabe vom 05.08.2025, Seite 8 / Abgeschrieben

Appell von Journalisten für ungehinderten Pressezugang nach Gaza

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Trotz widriger Bedingungen berichtet der Journalist Ahmed Jihad Ibrahim Al-Arini weiter aus Gaza (25.7.2025)

Zahlreiche Journalisten renommierter internationaler Medien, darunter The Times, CNN und BBC, fordern in einer Petition unter dem Titel »Freiheit zu berichten« den sofortigen ungehinderten Zugang der Presse nach Gaza:

Die aktuellen Ereignisse in Gaza offenbaren eine weitreichendere Krise: die Aushöhlung der Pressefreiheit als einer Säule der Demokratie. Am unmittelbarsten betroffen sind nicht nur die Millionen Zivilisten in Gaza, die unter den Augen der Weltöffentlichkeit Krieg erleiden, sondern auch alle Menschen weltweit, denen das Recht auf freie und unabhängige Information verwehrt wird.

Fast 200 Journalisten, überwiegend Palästinenser, wurden bei der Berichterstattung aus Gaza getötet. Unterdessen bleibt ausländischen Journalisten der Zugang zum Gebiet verwehrt, blockiert durch von Israel verhängte Beschränkungen, die eine unabhängige Beobachtung verhindern. Dies ist nicht nur eine ­humanitäre Blockade, sondern auch eine Informationsblockade, die das Recht der Öffentlichkeit auf Information und die demokratische Funktion des Journalismus, die Machthaber zur Rechenschaft zu ziehen, untergräbt.

Ebenso wichtig ist es, die außergewöhnliche Arbeit der palästinensischen Journalisten in Gaza anzuerkennen. Trotz unvorstellbarer Gefahren, Verluste und nun auch Hunger dokumentieren sie den Krieg mit außergewöhnlichem Mut und Professionalität. Viele haben ihre gesamte Familie verloren, einige können aufgrund von Erschöpfung und Hunger nicht mehr fotografieren oder klar sprechen. Unser Ziel ist es nicht, ihre Bemühungen zu ersetzen oder zu schmälern, sondern ihnen zur Seite zu stehen, ihre Arbeit zu ergänzen und dazu beizutragen, dass die Welt ein vollständigeres, unabhängiges Bild erhält.

Wenn diese Pressezensur anhält, schafft sie einen gefährlichen Präzedenzfall: dass Regierungen und militärische Akteure durch Zensur, Behinderung und Gewalt in Kriegszeiten den Zugang zur Wahrheit unterbinden können. Das ist das Spielbuch des Autoritarismus: die Berichterstattung kontrollieren, unabhängige Stimmen zum Schweigen bringen und die Verbindung zwischen der Realität und dem Verständnis der Öffentlichkeit kappen. Die Verteidigung des Pressezugangs in Gaza bedeutet die Verteidigung des demokratischen Ideals, dass die Wahrheit nicht das Eigentum der Mächtigen ist. Wenn wir nicht handeln, signalisieren wir, dass die Wahrheit manipuliert werden kann, dass Fakten zurückgehalten werden können, wenn sie unbequem sind. Denn das Schweigen hat bereits Fuß gefasst. Autoritarismus gedeiht, wenn die Welt wegschaut, und je länger Gaza abgeriegelt bleibt, desto mehr wird die globale Nachrichtensperre zur Norm.

Jetzt ist es an der Zeit, erneut zu bekräftigen, dass Pressefreiheit kein Luxus ist, weder in Gaza noch anderswo. In Zeiten, in denen Desinformation sich verbreitet und Propaganda dominiert, ist unabhängige Berichterstattung vor Ort wichtiger denn je.

Das ist kein Aktivismus, das ist Journalismus, und es ist dringend. Die Entscheidung, vor der wir stehen, ist einfach: Entweder wir verteidigen das Recht auf Berichterstattung oder wir lassen zu, dass es Stück für Stück ausgehöhlt wird.

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