Indien feiert »Antiterroroperation«
Von Thomas Berger
Eine Eliteeinheit der indischen Armee will bei einer »Antiterroroperation« in Jammu und Kaschmir drei Beteiligte des Massakers von Pahalgam getötet haben. Am 22. April wurden nahe des Bergortes 26 Angehörige einer Touristengruppe erschossen. Unter den drei am Montag Getöteten soll laut indischen Angaben der mutmaßliche Hauptverantwortliche des Anschlags sein. Unter Verweis auf angeblich bei den Personen gefundene Ausweisdokumente heißt es, bei allen dreien habe es sich um pakistanische Staatsbürger gehandelt. Was die Regierung von Premier Narendra Modi von der hindunationalistischen Bharatiya Janata Party (BJP) als weiteren Erfolg im Kampf gegen den grenzüberschreitenden Terrorismus in der nordindischen Region feiert, hat im Parlament kritische Fragen der Opposition ausgelöst.
Im Unterhaus kam es bei einer am Dienstag angesetzten Sondersitzung zum Streit zwischen der Regierung und Vertretern der oppositionellen Kongresspartei zur »Antiterroroperation Sindoor«, die Modi für »nach wie vor nicht beendet« erklärte. Warum die Touristengruppe ohne die Begleitung von Einsatzkräften in der Konfliktregion Pahalgam unterwegs war, war hingegen nicht Thema. Ebenso wenig wurden die militärischen Verluste Indiens im Zuge des darauf erfolgten bewaffneten Schlagabtauschs mit Pakistan Anfang Mai angesprochen.
Der Anschlag, der sich gegen hinduistische Mitglieder der Touristengruppe richtete, wurde einer bisher wenig bekannten Untergruppe der Lashkar-e-Taiba (LeT) zugeschrieben. Die LeT gilt als einflussreiche islamistische Miliz in Kaschmir – Indien wirft dem Nachbarland vor, dass es die LeT und andere Gruppen fernsteuere, was die Beziehungen beider Länder belastet. Beim militärischen Kräftemessen zwischen den beiden Atommächten Anfang Mai sei Indien primär gegen Ausbildungscamps für Milizionäre auf pakistanischer Seite der Line of Control im geteilten Jammu und Kaschmir sowie auf pakistanischem Staatsgebiet vorgegangen, so die Regierung und Armee.
Laut einem Beitrag der Zeitung The Hindu, die sich wie andere Medien auf Meldungen aus Geheimdienst- und Sicherheitskreisen beruft, sollen die nun Getöteten bereits vor rund drei Jahren nach Indien gelangt sein. Nach den bisher schwer überprüfbaren Darlegungen handelt es sich um Suleiman Shah alias Faizal Jatt, Abu Hamza oder Hamza Afghani und einen dritten Mann, dessen Name mal mit Zibran, mal mit Yasir angegeben wird. Laut übereinstimmenden Meldungen war Suleiman offenbar der Rädelsführer. 2024 soll sich der Trupp dann in zwei Einheiten aufgeteilt haben – eine von ihm, die andere von einer Person namens Musa angeführt. Frisch eingesickerte LeT-Mitglieder hätten dann die Reihen aufgefüllt, bevor am 22. April zugeschlagen wurde. Unter anderem der Fernsehsender NDTV will erfahren haben, dass Suleiman früher in der pakistanischen Armee gedient habe. Zumindest seine direkte Beteiligung in Pahalgam soll klar sein, bei den anderen beiden ist dies wohl bisher nicht eindeutig erwiesen.
»Verdächtige Kommunikation«, heißt es wörtlich in einem Artikel der Hindustan Times, habe die Einsatzkräfte bei einer seit dem 11. Juli laufenden Fahndung auf die Spur der Gruppe gebracht. Die drei hätten mit hochfrequenten Spezialfunkgeräten Kontakt gehalten, wird gemeldet. Bisher sind aber nur wenige wirklich gesicherte Informationen im Umlauf. Auch die genaue Identifikation der Toten werde einige Zeit dauern, wurde Vidhi Kumar Birdi, ein Sprecher der an dem Einsatz beteiligten Polizei in Kaschmir, zitiert. Ein Geheimdienstteam soll Mittwoch vor Ort eingetroffen sein.
In der Sondersitzung hatte für die Regierungsseite Außenminister Subrahmanyam Jaishankar, sonst weniger für scharfe Rhetorik bekannt, eine von Modi explizit gelobte Rede gehalten. Dabei dementierte er, dass US-Präsident Donald Trump als Vermittler eine tragende Rolle beim Erreichen der Waffenruhevereinbarung im Mai gespielt habe. Trump erneuerte in einer Reaktion aber die Version, auf seinen Druck hin sei die Eskalation des Konflikts gestoppt worden.
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