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Aus: Ausgabe vom 29.07.2025, Seite 8 / Ansichten

Skandal des Tages: »Leistungsmissbrauch«

Von David Maiwald
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Um ein würdiges Leben betrogen

Es sei »organisierter Betrug«, berichtete dpa am Montag: Im Ausland »rekrutierte« Menschen würden hierzulande »offiziell nur wenige Stunden in Minijobs beschäftigt und in Schrottimmobilien zu den maximal von Jobcentern übernommenen Mieten zusammengepfercht«. »Drahtzieher« verlangten Anteile vom Regelbedarf und würden, »mitunter auch als Vermieter …, doppelt abkassieren«. »Mafiöse Strukturen« nannte das Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD), von solchen »des sozialen Missbrauchs« sprach Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU).

Der Bundesregierung wurden im Jahr 2024 laut Artikel 421 Fälle des »Leistungsmissbrauchs« gemeldet (zur Strafanzeige kam es in 209 Fällen), im laufenden Jahr seien es 195 gewesen (96 Strafanzeigen). »Es ist schwer abzuschätzen, wie groß das Ausmaß dieser Form des Missbrauchs von Bürgergeld und anderer Sozialleistungen wie Kindergeld ist«, hatte der Spiegel in einem Artikel im Juni geraunt: rassistische Begleit­musik für den sozialen Kahlschlag der Bundesregierung.

Diese sichert mit Hartz IV und Wohngeld schon seit Jahren niedrigste Löhne. Die Kapitalbosse profitieren mit Renditen von Wohnungskonzernen gleichzeitig trefflich vom Einkommen der Untergebenen. Ihre Verbände, so die Immolobby Haus und Grund, lehnen daher auch staatliche Maßnahmen wie Mietpreisbremsen ab, jubeln aber über Wohngelderhöhungen. Lohnabhängige auszupressen ist Staatsprinzip.

Die im Jahr 2024 gemeldeten 0,00765 Prozent »Betrüger« stehen aktuell fünfeinhalb Millionen Bürgergeldbeziehern gegenüber. Der von Bas und Merz verurteilte »Skandal« täuscht also über den eigenen Betrug an den Massen hinweg. Die Lösung der Wohnungsfrage, so Friedrich Engels einmal sinngemäß, bestehe für die bürgerliche Herrschaft darin, sie immer wieder von neuem zu stellen. Man kann das auch eine »mafiöse Struktur des sozialen Missbrauchs« nennen.

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