Merz’ Investitionsoffensive
Von Lucas Zeise
Welche Zuversicht! Sie war den Herren und ganz wenigen Damen anzusehen. Der Fototermin in Berlin war im Auftrag des Bundeskanzlers von der Kommunikationsagentur FGS in Zusammenarbeit mit dem ehrenwerten Medienunternehmen Axel Springer AG organisiert worden. Da standen die Chefs großer deutscher Unternehmen zusammen mit Friedrich Merz und zwei seiner Minister(innen) und freuten sich schon über das von ihnen geplante Medienecho. Die Botschaft war: Die 61 Unternehmenschefs haben dem Kanzler zugesagt, 630 Milliarden Euro im Standort Deutschland zu investieren. Prima Idee das. Toll viel Geld das.
Manche nörgelnden Medienvertreter fragten öffentlich, ob diese große Investitionssumme nicht ohnehin geplant gewesen sei, und erhielten – Ehrenwort – die Auskunft, ein dreistelliger Milliardenbetrag seien wirklich Neuzusagen. In welcher Zeitspanne die Investitionen denn verausgabt werden solle, wurde gefragt. Na ja, bis zum Jahr 2028, lautet die Antwort. Das sind auch die vier Jahre, in denen der deutsche Staat sich zur Finanzierung der öffentlichen Infrastruktur 500 Milliarden Euro zusätzlicher Schulden erlaubt. 130 Milliarden Euro mehr Investitionen also, die 61 Privatunternehmen in dieser Periode verausgaben. Ausgerechnet die dem rechten Teil der Regierungskoalition, der CDU, zugetane Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) musste hier mäkeln. Es sei doch wohl selbstverständlich, dass die Investitionen in einer kapitalistischen Volkswirtschaft ganz überwiegend von Privaten getätigt würden. Selbst im schwachen Vorjahr 2024 hätten die privaten Bruttoanlageinvestitionen allein 493 Milliarden Euro betragen.
Man kann sicher sein, dass das nette, bewusst öffentliche Treffen von »Merz & Friends« nicht nur bei Journalisten und Konsumbürgern, sondern auch in anderen Chefetagen weiter Zuversicht verbreitet. Ich danke deshalb besonders dem Handelsblatt, das die Liste der Anwesenden komplett aufgezählt hat. Ich zum Beispiel hätte außer Roland Busch (Siemens) und Christian Sewing (Deutsche Bank), die in der ersten Reihe neben Merz standen, und Springer-Boss Mathias Döpfner bescheiden in der letzten auf dem gelungenen Gruppenfoto die anderen wichtigen Figuren nicht erkannt: Anwesend war zum Beispiel Dirk Schmitz, der Deutschland-Chef bei Merz’ früherem Arbeitgeber, dem größten Vermögensverwalter der Welt Blackrock. Fürwahr erwähnenswert auch Henry Kravis und Stephen Schwarzman, die beiden schon legendären Gründer und Miteigentümer der großen und erfolgreichen Private-Equity-Fonds aus den USA, KKR und Blackstone.
Investition in den Standort Deutschland hat bei diesen ehrenwerten Personen einen besonders wohltönenden Klang. Der wie Merz ebenfalls aus dem Sauerland stammende ehemalige SPD-Chef Franz Müntefering hatte solche Personen und Firmen, die heute so schlicht und neutral »Investoren« genannt werden, vorzeiten als »Heuschrecken« bezeichnet. Denn sie, so Müntefering einst, investieren in bestehende Unternehmen, um sie kahlzufressen. Merz erinnert mit seiner Initiative daran, dass Investitionen in Anlagen und Gebäude (auch Produktionsmittel genannt) der möglichst effizienten Verwertung dienen.
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vom 26.07.2025