Australien spielt auf Zeit
Von Thomas Berger
Inzwischen sind über 1.200 offizielle Welterbestätten über den Globus verstreut. Bei der diesjährigen Tagung der UN-Organisation für Bildung und Kultur (UNESCO) vergangene Woche in Paris sind einige Neuaufnahmen hinzugekommen. Nicht alle sind jedoch in gutem Zustand. Das gilt auch für das größte von Lebewesen geschaffene Gebilde der Erde. »Mit größter Besorgnis«, so der Wortlaut, blickt die UNESCO auf den aktuellen Zustand des Great Barrier Reef vor der australischen Küste. Einmal mehr hat es Canberra zwar verhindern können, dass das Schutzgebiet auf der Liste der Welterbestätten »in Gefahr« erscheint. Aber der australischen Regierung wurden Hausaufgaben erteilt: Bis Februar 2026 muss sie einen weiteren umfassenden Bericht über das Korallenriff und Schritte für intensivierte Schutzmaßnahmen vorlegen.
Es ist zehn Jahre her, dass das Reef von der UNESCO erstmals beinahe als »gefährdet« eingestuft worden wäre. Waren seinerzeit die Auswirkungen der ersten beiden schweren Korallenbleichen 1998 und 2002 ein gewisses Alarmsignal, hat sich der Zustand des vielschichtigen Ökosystems unter Wasser vor dem nordöstlichen Bundesstaat Queensland in jüngerer Zeit noch deutlich zugespitzt. Massenbleichen treten in immer kürzeren Abständen auf (vier solche Ereignisse seit 2016) und sind weitreichender als früher. Gerade das stetige Aufheizen der Ozeane sorgt dafür, dass den Korallenbänken immer weniger Möglichkeiten bleiben, sich zwischenzeitlich wenigstens teilweise zu erholen. Auch der letzte Bericht, der vergangenen August im australischen Senat präsentiert worden war, hatte mehr Schäden als je zuvor konstatiert. Die zugrundeliegenden Datensammlungen reichten allerdings nur bis 2023. Die jüngste Korallenbleiche 2024 war dabei noch nicht berücksichtigt. »Weitere Schädigungen sind unvermeidbar«, prophezeite die Studie. Jede weitere globale Erwärmung, so der nachdrückliche Appell an die eigene Regierung und die internationale Community, »wird weiter die einzigartige Biodiversität des Riffs beeinträchtigen, mit anhaltenden Konsequenzen für das Kulturerbe, soziale und wirtschaftliche Aspekte und das breitere Ökosystem«.
Eine Erwähnung auf der »Gefährdet«-Liste wäre für Australien ein erheblicher Gesichtsverlust gewesen, den die konservative Exumweltministerin Sussan Ley 2021 nur mit allerlei diplomatischen Winkelzügen verhindert hatte. Ihr sozialdemokratischer Amtsnachfolger Murray Watt ließ über seinen Sprecher Anfang Juli mitteilen, die Regierung habe der Welterbekommission schon vor einigen Monaten einen weiteren Fortschrittsbericht zukommen lassen. Man »freue sich«, dass die UNESCO verstärkte Anstrengungen zur Verbesserung der Wasserqualität, der Einbindung indigener Riffhüter und der Nachhaltigkeit bei der Fischerei anerkannt habe, meldete ABC.
Der Umweltschützer John Mewing hatte im Januar außerdem darauf hingewiesen, dass auf Hinchinbrook Island, einer Insel unmittelbar vor dem Schutzgebiet Great Barrier Reef, eine akute Gefahr bestehe, wie ABC berichtete. Die Ummantelung eines 53 Hektar großen Geländes, wo in den 1990er und 2000er Jahren Bodenaushub mit toxischen Elementen gelagert worden war, weise eine Lücke auf, durch die Schwermetalle und andere Giftstoffe ins Riff ausgeschwemmt werden könnten. Ob die Regionalregierung von Queensland das Problem seither behoben hat, ist unbekannt.
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