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Aus: Ausgabe vom 17.07.2025, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Gleicher Lohn für gleiche Arbeit

Bergbauriese BHP muss blechen

Australien: Gerichtserfolg für Leiharbeiter – Großkonzern hatte Gesetz zu Lohngleichheit unterlaufen
Von Thomas Berger
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Kommt mit seinem Modell der Billiglöhnerei an rechtliche Grenzen (Melbourne, 24.3.2025)

Es ist Gesetz: »Same job, same pay«, also gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Und es ist ein Grundprinzip, das sich die regierende Labor Party in der vergangenen Legislaturperiode auf ihre Fahnen schreiben konnte. Dank eines Deals mit einigen unabhängigen Senatoren in der zweiten Kammer, wo die Sozialdemokraten keine eigene Mehrheit hatten und haben, hatten sie Ende 2023 die Gesetzesnovelle durchs Parlament gebracht.

Den ersten Praxistest hat das Gesetz bestanden. Ausgerechnet im prominenten Fall des Bergbauriesen BHP. Denn der Branchengigant hat jüngst eine krachende Niederlage einstecken müssen, im Clinch um die Schlechterbezahlung von Leiharbeitskräften.

Die zuständige Fair Work Commission (FWC) hatte Ansprüche von rund 2.200 Arbeitern auf Lohnnachzahlungen in drei Kohleminen des Konzerns im nordöstlichen Bundesstaat Queensland anerkannt, die über Leiharbeitsfirmen beschäftigt sind. Ihnen steht der Fair Work Commission zufolge das gleiche Einkommen wie ihren direkt bei BHP beschäftigten Kollegen zu, mit denen sie Seite an Seite arbeiten.

Damit sei das BHP-Modell von Lohndumping und Leiharbeitsfirmen gewissermaßen beerdigt worden, sagte Mitch Hughes, Regionalvorsitzender der Gewerkschaft Mining and Energy Union (MEU), nach dem Urteil. Spätestens jetzt sei es höchste Zeit, die Leiharbeitsplätze in reguläre Jobs umzuwandeln, was gewerkschaftliche Interessenvertreter schon länger fordern. Die 2.200 Kohlekumpel erhalten fortan im Schnitt 30.000 Australische Dollar (AUD) mehr pro Jahr, knapp 17.000 Euro.

Das allein wären für den Megakonzern Peanuts. Doch das Urteil hat eine Art Vorbildwirkung für alle ähnlich gelagerten Fälle. Und da BHP landesweit zahlreiche Leiharbeiter einsetzt, könnte die Entscheidung am Ende Mehrkosten in der Größenordnung von 1,3 Milliarden AUD bedeuten, hieß es von seiten des Dachverbandes Australian Resources and Energy Employer Association (AREEA). BHP-Vertreter haben bereits mit Jobverlusten gedroht, sollte die Regelung tatsächlich überall umgesetzt werden müssen.

Am 20. Januar hatten die Anhörungen in dem Fall begonnen, und schon seinerzeit hatten Gewerkschaftsvertreter kritisch auf die Taschenspielertricks des Konzerns in Anstellungsfragen hingewiesen. Damit müsse Schluss sein, forderte etwa Grahame Kelly, der nationale MEU-Generalsekretär, der gemeinsam mit Sally McManus aus dem Vorstand des Gewerkschaftsdachverbandes ACTU den Prozessauftakt verfolgte. Von einem »gesetzlichen Schlupfloch«, das der Konzern jahrelang ausgenutzt habe, sprach der Anwalt der Kläger.

Übrigens, die Verteidigung der BHP Group behauptete, speziell bei den Beschäftigten der hauseigenen Leiharbeitsfirma Operation Services (OS) handele es sich um angebliche Fachleute und nicht normale Arbeiter. Folglich würden jene nicht nach Stundentarif, sondern bestimmten »Leistungsparametern« entlohnt. Im Endeffekt hatten die Betroffenen laut einem damaligen Bericht der öffentlich-rechtlichen TV-Anstalt ABC zwischen 10.000 und 49.000 Australische Dollar weniger in der Lohntüte als ihre festangestellten Kollegen, obwohl sie die identische Arbeit verrichteten.

Die mächtige Bergbaubranche ist das Rückgrat der australischen Wirtschaft, auch mit besten Vernetzungen bis in höchste politische Kreise – wohlgemerkt in beiden dominierenden Lagern, wenngleich bei den Konservativen weit mehr als bei Labor. Eine frühere sozialdemokratische Regierung unter Kevin Rudd vom linken Parteiflügel hatte bereits 2009 die Fair Work Commission als Agentur mit gerichtlichen Vollmachten geschaffen. Die gut anderthalb Jahre alte Gesetzesreform des heutigen Premiers Anthony Albanese scheint tatsächlich Schlupflöcher beim Lohndumping mittels Leiharbeiterbuden zu stopfen, freuten sich Gewerkschafter nach dem jüngsten Urteil.

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