It’s a Sinner
Von Andreas Hahn
Wann habt ihr eigentlich den Rasen so sehr verändert?«, fragte Andre Agassi in seinem Livekommentar des Halbfinales zwischen Taylor Fritz und Carlos Alcaraz für die BBC seinen Kollegen Tim Henman. Früher sei es so verdammt schwer gewesen, das Turnier zu gewinnen, jetzt sehe das Spiel aus wie auf jedem langsamen Hartplatz auf der Welt auch. Die entscheidende Veränderung gab es 2001, als man die Grassorte wechselte. Man habe es unter anderem für »das Spektakel« getan, so Henman. Aber in diesem Jahr schienen die Courts noch langsamer als mittlerweile gewohnt.
Taylor Fritz bemerkte in der Pressekonferenz nach seiner Viersatzniederlage, der Court sei so langsam, dass er von der Grundlinie kaum eine Chance gesehen habe, Alcaraz »aus der Position zu bringen«. Und selbst ein Novak Djokovic musste nach seiner Halbfinalniederlage zugeben, dass sein 38jähriger Körper am Ende nicht mehr die Kraft gehabt habe, gegen einen Jannik Sinner zu bestehen.
Man wollte »das Spektakel« eines Finals zwischen Sinner und Alcaraz, wie zuletzt bei den French Open, und bekam es auch, aber nicht übermäßig spektakulär. Alcaraz wirkte nicht frisch und schlug mittelprächtig auf. Die letzten fünf Matches gegen Sinner hatte er gewonnen, diesmal konnte er nur den ersten Satz mit Sandplatzfinessen stehlen. Danach dominierte Sinner mit seiner Vorhand das Zentrum des Feldes und attackierte mit seiner Rückhand die Linie entlang die gefürchtete Vorhandseite des Titelverteidigers. Mit Brutalotennis wie auf ultralangsamem Hardcourt gewann Sinner am Sonntag sein erstes Wimbledonfinale 4:6, 6:4, 6:4, 6:4.
Der wahre Sieger aber ist der unglückliche Grigor Dimitrow, der im Achtelfinale gegen den Weltranglistenersten spielte wie in goldenen Zeiten. Er führte 6:3, 7:5, doch als er im dritten Satz ein Ass (sein 14.) zum 2:2-Ausgleich schlug, plumpste er während der Aufschlagbewegung verletzt zu Boden.
Dass mit Sinner und Iga Świątek zwei überführte Doper die Einzeltitel gewannen, störte niemanden groß. Allenfalls der Telegraph bemerkte, das sei ein »awful look« (sehe nicht gut aus). Aber genug von dem höheren Blödsinn mit »Spektakel«, Royal Family und knallenden Champagnerkorken in SW19. Für Fans des echten Rasentennis gab es am Sonntag noch ein anderes Endspiel: das der Hall of Fame Open in Newport, Rhode Island (ein WTA Challenger). Caty McNally schlug Tatjana Maria 2:6, 6:4, 6:2 mit haufenweise Netzattacken wie in guter alter Zeit. Ein schönes Spiel.
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