Wäsche aufhängen
Von André Dahlmeyer
Es war das Rekordspiel der neuen Klub-WM und dennoch nicht ganz ausverkauft: Das Finale zwischen dem FC Chelsea und Paris St.-Germain sahen immerhin 81.118 Zuschauer im Met-Life-Stadium von East Rutherford, New Jersey, Spielstätte der NHL-Franchises New York Giants und New York Jets, darunter US-Präsident Donald Trump.
Chelsea, das Ende Mai in Wrocław mit einem Kantersieg gegen Betis Sevilla die Conference League gewonnen hatte, begegnete Champions-League-Gewinner PSG rabiat und mit »brutalstmöglicher« (R. Koch) Effizienz. Das Team des Italieners Enzo Maresca, einst Kotrainer von Josep Guardiola bei den Citizens, machte die Mannschaft von Luis Enrique durch zwei Treffer und einen Assist von Matchwinner Cole Palmer schon zur Pause ziemlich nass. Einmal durch die Seine gezogen und zum Trocknen aufgehängt. 2021 hatten die Londoner bereits die Klub-WM alten Formats gewonnen. Beim ersten Versuch waren sie 2012 dem SC Corinthians Paulista unterlegen – das bislang letzte Mal, dass der Pott nach Südamerika ging.
Bis zum Finale hatte PSG lediglich einen Gegentreffer kassiert, nämlich bei der Niederlage gegen Botafogo. Atlético Madrid (4:0), Bayern München (2:0) und im Halbfinale Real Madrid (4:0) wurden regelgerecht abgeschossen, wie im CL-Finale bereits Internazionale Milano (5:0). Sie alle hatten Les Rouge et Bleu nichts entgegenzusetzen gehabt. Klassenunterschiede waren das, Champagnerfußball. Doch der FC Chelsea wusste, wie man die Dampfwalze zum Stocken bringt. Stratege Enzo Maresca neutralisierte die Stärken des Gegners, indem er die eigenen besser zur Geltung kommen ließ. Fußball verkehrt, wie so oft bei diesem sportlich sehr gelungenen Wettbewerb. Tormann Robert Sánchez hielt blendend, die lateinamerikanischen Mittelfeldarchitekten Enzo Fernández und Moisés Caicedo räumten einfach alles ab und vorne knipste Palmer wie ein junger Gott. Argentiniens Überflieger Fernández ist damit der erste Kicker überhaupt, der sowohl mit seinem Land als auch mit seinem Verein gleichzeitig Weltmeister ist. Zudem ist er amtierender Amerikameister. Der Transfermarktwert wird durch die Decke gehen.
Derweil nach dem Abpfiff die PSG-Kicker entsetzt aus der Wäsche schauten. Der einzige Saisontitel, der noch fehlte, war futsch. Vor den Fans hatte man sich blamiert. Das Mediennarrativ, PSG sei heuer unschlagbar – in Rauch aufgegangen. Spätestens ab der K.-o.-Phase sah man es den Blues ohnehin an. Sie hatten dieses Wilde in den Augen. Sie wollten diesen Titel, sie würden ihn bekommen. Die Niederlage gegen den Regattaverein Flamengo war ein Coup gewesen, um den Münchner Bayern aus dem Weg zu gehen. Klappte. Alles richtig gemacht.
Chelsea provozierte bei PSG Zweifel und Fehler, die Briten betraten den gegnerischen Strafraum nach Belieben, stellten im Rückwärtsgang alle Räume zu – wobei Reece James, eigentlich rechter Außenverteidiger, von Maresco zur Unterstützung Caicedos ins zentrale Mittelfeld beordert wurde. Dann begann das lebende Metronom Vitinha zu erklingen. Doch die Blues stahlen Ball um Ball, ihr Teamgeist war an diesem Tag einfach zu groß. Nach 30 Minuten lochte Palmer mit links bereits zum zweiten Mal ein. Kurz vor der Pause steckte er einen Pass zum Brasilianer João Pedro durch, der im Halbfinale quasi im Alleingang seinen Exklub Fluminense liquidiert hatte, und der nun Gianluigi Donnarumma zum 3:0 Endstand düpierte.
Nach dem Wechsel drehte PSG, angetrieben von Vitinha, noch mal auf. Die Pariser Flügelstürmer stießen immer wieder in den Sanktionsraum der Blues vor. Robert Sánchez sagte: »Pas avec moi!« Die Asterixe suchten permanent die Lücke, doch da war keine. Die Festung hielt stand. Auf dem Rasen wälzten sich die Kicker in Krämpfen. Der für Pedro eingewechselte Liam Delap hatte nach einem Konter sogar noch das Vier-Null auf dem Fuß, doch Donnarumma raunzte: »Not with me!« So kam es, dass der Gewinner der Conference League den der Champions League fertig machte.
Es ist der fünfte WM-Titel für einen englischen Klub, mehr halten nur die Spanier (acht). Zum besten Spieler des Turniers wurde Cole Palmer gekürt, zum besten Tormann Robert Sánchez, zum besten jungen Spieler Désiré Doué. Torschützenkönig wurde der 21jährige Gonzalo García (vier) von Real Madrid.
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