Keine Heimat
Von René Lau
Fußballfans haben in ihrem Verein eine Heimat. Man geht zu den Heimspielen, trifft Freunde, begeht das Vereinsleben. Das heimatliche Stadion ist in der Regel der erste Anlaufpunkt für Fans und Mitglieder, da sich dort oft die Geschäftsstelle befindet. Auch sportlich ist es wichtig, eine Heimat zu haben. Die Spieler kennen hier jeden Grashalm, wissen fast blind, wo es lang geht – und wenn es im Spiel mal eng wird, ist es mit den eigenen Fans im Rücken einfacher, auch noch in der 95. Minute den Siegtreffer zu erzielen.
Republikweit ist das so, aber nicht überall. Denn heute sind die Vereine meist nicht mehr Eigentümer eines Stadions, sondern die öffentliche Hand. Für die verschiedenen Spielklassen legen die Verbände fest, ob ein Stadion tauglich ist. Wenn der Verband die Voraussetzungen für den Spielbetrieb festlegt, muss die jeweilige Kommune tätig werden.
Eine Stadt wie Berlin mit fast vier Millionen Einwohnern und einer Unmenge an Spielstätten ist da besonders gefragt. Insbesondere, wenn es nicht um den ganz großen Fußball in den ersten beiden Ligen geht. Zwar spielt derzeit kein Berliner Verein in der dritten Liga, aber auch eine Etage drunter, in der Regionalliga, gibt es diese Problem. Die Bundeshauptstadt ist eine »Sportstadt«, so hat es noch jede politische Führung verkauft. Gerade erst schwadroniert man wieder über eine Bewerbung für die Olympischen Spiele, vergisst aber den »kleinen Sport«.
Bestes Beispiel ist die VSG Altglienicke aus dem Berliner Südosten. Der Verein hatte nie ein regionalligataugliches Stadion und musste deshalb quer durch die Stadt ziehen, um seine Heimspiele auszutragen. Zur neuen Saison geht aber auch das nicht mehr, der Klub muss jetzt ins brandenburgische Fürstenwalde umziehen. Ein Armutszeugnis für die Stadt Berlin und ihre Sportpolitiker. Aber kein Einzelfall. Auch Hertha Zehlendorf musste seine Regionalligaheimspiele in Lichterfelde austragen. Mein Herzensverein BFC versucht seit Jahren mit dem Senat eine tragfähige Lösung für das heimische Sportforum zu finden – eine Umbauzusage hat es sogar in den Koalitionsvertrag geschafft. Seit mehr als zwei Jahren regiert Schwarz-Rot nun schon, passiert ist nichts.
Das ist kein Zustand. Die Sorgen und Nöte des Amateursports müssen ernst genommen werden. Die sportpolitischen Verantwortungsträger in Berlin müssen schleunigst handeln. Sonst wird es zukünftig weitere Vereine geben, die ihr Wohl außerhalb der Stadt suchen.
»Sport frei!« vom Fananwalt.
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