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Aus: Ausgabe vom 10.07.2025, Seite 8 / Ansichten

Hassprediger des Tages: Grok

Von Felix Bartels
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Hatte offenbar eine traurige Kindheit: Grok

Sackdoof, feige und verklemmt ist Erdoğan, der Präsident.« Als ein deutsches Gericht der Klage eines türkischen Staatsvorstehers gegen einen deutschen Hofnarren stattgab, durften diese Zeilen stehenbleiben. Umgehend druckte man T-Shirts mit der nun gerichtsfest für sagbar erklärten Passage. So wusste die Welt, was der Mann, dem Geschlechtsverkehr mit Ziegen nicht nachgesagt werden durfte, sonst noch so an Eigenschaften habe. Wer auf üble Rede antwortet, dem klebt sie an. Von Nixon wird erzählt, dass er verbreiten wollte, sein Wahlgegner habe Sex mit Hunden. Als Berater ihm abrieten, weil das keiner glauben werde, entgegnete der Kandidat: Natürlich, aber ich will sehen, wie er es vor einem Millionenpublikum dementiert.

Nixon wusste, wie Meinung im digitalen Zeitalter funktioniert, bevor es angebrochen war. Eine Behauptung ist so gut, wie sie gut, nicht so gut, wie sie wahr ist. Allgemeinwissen aber ist das noch nicht. So wurde jetzt in der Türkei die KI Grok wegen diffamierender Auskünfte gesperrt. Sensibel erneut: Erdoğan. Er und der Staatsgründer Atatürk seien von der Maschine beleidigt worden, hieß es in der Begründung. Beisprang die Regierung Polens, sie will eine entsprechende Untersuchung der EU in Gang bringen. »Ich habe den Eindruck, dass Hassrede, die von Algorithmen gesteuert wird, eine neue Ebene erreicht hat«, sagte der polnische Digitalminister Gawkowski am Mittwoch. Um Hassrede zu steuern, müssten Algorithmen allerdings erst mal Absichten haben. Von Hass gleich ganz zu schweigen. KI folgt komplexen Mustern, ohne zu verstehen, was die eigentlich bedeuten. Immerhin das, abzüglich der Komplexität, haben sie mit dem Minister gemein. »Redefreiheit«, legt der nach, »gehört Menschen, nicht künstlicher Intelligenz«. Wir lernen – Hassrede aus Hass verbreiten: huh! Hassrede ohne Hass verbreiten: buh!

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