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Aus: Ausgabe vom 09.07.2025, Seite 8 / Abgeschrieben

Rassistische Äußerung von Familienministerin Karin Prien über palästinensische Community bleibt ohne Konsequenzen

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Karin Prien (CDU), Bundesministerin für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Am 27. Juni ließ Bild Bundesfamilienministerin Karin Prien (CDU) zu Wort kommen:

Ein großes Problem: importierter Antisemitismus. »Wir haben schlicht in Deutschland eine riesengroße palästinensische Community, die ist auch über Jahrzehnte gewachsen«, sagt Prien. »Wir haben rund 200.000 Palästinenser in Deutschland. Das sind mehr, als wir Juden in Deutschland haben.« Allein in Berlin leben Prien zufolge 40.000 Palästinenser. Prien deutlich: »Die sind offensichtlich ordentlich radikalisiert durch ihre entsprechenden Communities. Mich stört das sehr.«

Der palästinensische Botschafter Laith Arafeh protestierte am 30. Juni auf X gegen diese Äußerungen:

»Wir sind zutiefst beunruhigt über kürzlich getätigte Äußerungen einer Bundesministerin, die die palästinensische Gemeinschaft in Deutschland als ›radikalisiert‹ bezeichnete. Solche Aussagen sind nicht nur schädlich und ungenau, sondern verstärken auch anti-palästinensischen Rassismus. (…) Es muss auch anerkannt werden, dass die fortgesetzten Vergehen Israels im besetzten palästinensischen Gebiet weltweit weiterhin die Emotionen der Menschen anheizen. (…) Diese breite und prinzipiengeleitete Forderung nach Gerechtigkeit als ›Radikalisierung‹ zu reduzieren, ist sowohl irreführend als auch ungerecht. (…). Wir fordern die Ministerin auf, diese Aussagen unverzüglich zurückzuziehen. Wir appellieren auch an die Ministerin, den Dialog mit Mitgliedern der palästinensisch-deutschen Gemeinschaft zu suchen, um ein Verständnis für die Vielfalt, die zivilen Beiträge und das tiefe Engagement für ein friedliches Zusammenleben der Gemeinschaft zu gewinnen. (…)«

Am Montag fragte der Journalist Florian Warweg in der Bundespressekonferenz, ob Ministerin Prien die Äußerungen des palästinensischen Botschafters zur Kenntnis genommen habe und auf seine Forderung eingehen werde. Für das Bundesministerium für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend antwortete dessen stellvertretender Sprecher Dominik Lenz:

»(…) Ich würde gerne grundsätzlich noch einmal sagen, dass die Äußerungen der Ministerin Teil eines längeren Interviews waren, in dem sie im Zusammenhang zu weiteren Aussagen stehen. (…) Karin Prien spricht sich immer wieder sehr klar gegen jede Form von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit aus, so zum Beispiel auch in ihrer Rede vor dem Deutschen Bundestag am 15. Mai. Da sagte sie: ›Demokratie funktioniert nur, wenn Demokraten das Gespräch suchen, auch, um das Verbindende zu finden. Aber ich sage auch sehr deutlich: Das wird nur dann funktionieren, wenn wir jeder Form von Antisemitismus, Rechtsextremismus, Islamismus, Linksextremismus den Kampf ansagen. Das gilt ebenso für jede Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, von Fremdenhass, Frauenverachtung und Diskriminierung von Minderheiten, und das in aller Konsequenz.‹ Das ist das, was ich dazu sagen kann.«
Zusatzfrage Warweg: »Meine Frage (…) war aber, ob sie auf die Kritik und die Forderung des Botschafters eingegangen ist. Das ist ja keine Kleinigkeit; da hat sich der palästinensische Botschafter öffentlich an Frau Prien gewandt. Mich würde interessieren, ob sie diese Kritik wahrgenommen hat und auch plant, auf seine Forderung einzugehen, oder ob sie diese komplett ignorieren will.«
Antwort Lenz: »Dazu liegen mir zum jetzigen Zeitpunkt keine Erkenntnisse vor.«

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