Linke Alternative formiert sich
Von Christian Bunke
Keir Starmers Rechtsrutsch führt innerhalb des linkssozialdemokratischen und sozialistischen Lagers in Großbritannien zunehmend zu Diskussionen darüber, ob die Gründung einer neuen linken Partei eine zielführende Option sein könnte. Im Zuge der von Starmers Regierung forcierten umstrittenen Sozialreformen nimmt diese Diskussion weiter an Fahrt auf.
Am vergangenen Mittwoch kündigte der ehemalige Labour-Vorsitzende Jeremy Corbyn die Gründung einer neuen Partei an, einen Tag später – pünktlich zum Jahrestag des Regierungsantritts von Keir Starmer – gab auch die sozialdemokratische Unterhausabgeordnete Zarah Sultana ihren Austritt aus der Labour-Partei bekannt. Sie erklärte, zukünftig gemeinsam mit Corbyn eine neue linke Partei führen zu wollen. Dieser gratulierte Sultana zu ihrer »prinzipientreuen Entscheidung, die Labour-Partei zu verlassen«. Er sei »hocherfreut, dass sie uns beim Aufbau einer echten Alternative helfen wird«. Die demokratischen Strukturen einer neuen Partei würden bald Form annehmen, entsprechende Diskussionen darüber bereits stattfinden.
Innerhalb des britischen Parlamentsbetriebs hat sich Sultana schon länger ihre Sporen als prinzipienfeste Person verdient. Seit Ende Juli 2024 ist sie von der sozialdemokratischen Unterhausfraktion suspendiert, weil sie schon zu Beginn der Starmer-Regierung dessen thatcheristische Sozialpolitik abgelehnt hat. Grund für Sultanas Suspendierung war ihre Unterstützung einer parlamentarischen Initiative, die die Wiedereinführung von Kinderbeihilfen auch für Familien mit mehr als zwei Kindern im Haushalt forderte. Insofern war Sultanas Erklärung perfekt getaktet – denn sie erfolgte zu der Zeit, in der auch neuerliche Parlamentsdebatten rund um die verschärften Zugangsregeln zu Beihilfen für Menschen mit Behinderungen geführt wurden.
Die Frage einer neuen linken Partei liegt jedoch schon länger in der Luft. Bei den Kommunalwahlen im Mai verlor Labour nicht nur Stimmen an die Kräfte um den Rechten Nigel Farage – auch in migrantisch geprägten proletarischen Wohngegenden musste Labour Einbußen hinnehmen. Ein Hauptgrund waren neben den geplanten Einschnitten bei der Sozialhilfe Labours bedingungslose Unterstützung des israelischen Genozids im Gazastreifen sowie die von Labour zu verantwortende Repression gegen die propalästinensische Bewegung in Großbritannien, die regelmäßig Zehntausende Menschen auf die Straße bringt.
Meinungsumfragen sprechen einer neuen linken Partei ein Potential von rund zehn Prozent zu. Dies muss jedoch mit gebotener Vorsicht betrachtet werden, denn es gibt viele Unwägbarkeiten. Weder existiert derzeit ein politisches Programm noch ist klar, ob die neue Organisation als rein parlamentarisches Vehikel einiger Berufspolitiker oder auch als außerparlamentarisch agierende Kampforganisation gedacht ist.
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vom 09.07.2025