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Aus: Ausgabe vom 08.07.2025, Seite 2 / Kapital & Arbeit
Warten auf Immobilienkrise

Anstieg bei »faulen Krediten«

Besonders viele ausfallgefährdete Forderungen bei deutschen Banken. Ursächlich sind Insolvenzen und leere Büroflächen
Von Susanne Knütter
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Hier ist was faul: Die Zentrale der Deutschen Bank in Frankfurt am Main (27.2.2025)

Deutschlands Banken haben im europäischen Vergleich den höchsten Anstieg »fauler Kredite« zu verzeichnen. Fast ein Viertel (24,9 Prozent) mehr ausfallgefährdete Kredite (»Non-performing loans«/NPL) als ein Jahr zuvor standen hierzulande in den Bilanzen für 2024, wie eine Erhebung des Beratungsunternehmens Bearingpoint ergab. Im Schnitt der 163 untersuchten Geldhäuser in Europa lag der NPL-Zuwachs bei 1,1 Prozent.

Hauptursachen für den sprunghaften Anstieg in Deutschland seien die stark gestiegene Anzahl an Unternehmensinsolvenzen sowie die enormen Wertverluste und steigenden Kreditausfälle im gewerblichen Immobiliensektor, erklärte Bearingpoint. Das lässt aufhorchen, war die massenhafte Vergabe von wackeligen Immobilienkrediten doch wesentlicher Auslöser der Immobilien- und Finanzkrise 2008. Ein Kredit gilt dann als »notleidend«, wenn die Wahrscheinlichkeit als gering eingeschätzt wird, dass der Kreditnehmer das Geld vollständig zurückzahlt. Banken drohen in solchen Fällen Verluste. Das kann sich dann auch auf die Vergabe neuer Kredite auswirken.

Im vergangenen Jahr hatte es in Deutschland mit 21.812 Insolvenzen so viele Firmenpleiten gegeben wie seit 2015 nicht. Mit einem deutlichen Anstieg ist bereits gerechnet worden, nachdem die staatliche Unterstützung aus der Zeit der Coronapandemie ausgelaufen war. Zudem belasten hohe Energiepreise, eine verstärkte Konkurrenz auf dem Weltmarkt und die Ungewissheit über kommende Zusatzzölle die Unternehmen. Für das laufende Jahr wird ein weiterer Anstieg der Unternehmensinsolvenzen hierzulande erwartet.

Der Markt für Gewerbeimmobilien steht in vielen Ländern seit langem unter Druck. Das heißt, es gibt viel mehr Büroflächen als benötigt werden. Auch etliche Geschäfte konnten der Konkurrenz durch den Onlinehandel nicht standhalten und stehen leer.

Trotz allem geht es den Banken nach wie vor blendend. Bei Bearingpoint heißt das dann so: Insgesamt zeige sich der europäische Bankensektor in einem weiterhin schwierigen wirtschaftlichen Umfeld widerstandsfähig. Viele Banken konnten ihre Nettogewinne trotz gestiegener Kosten halten oder gar ausbauen. Die durchschnittliche Gesamtkapitalquote sei im dritten Jahr in Folge auf 23,5 Prozent im Jahr 2024 gestiegen.

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  • Leserbrief von Reinhard Hopp aus Berlin (8. Juli 2025 um 11:04 Uhr)
    Diese urbane Fehlentwicklung konnte man bereits vor vielen Jahren kommen sehen. Und dann kam Corona und damit das Homeoffice, wodurch der Büroflächenleerstand nochmals erheblich vergrößert und verstetigt wurde. Aber den weiteren und weitaus gravierenderen Angebotsüberhang, gerade in den zubetonierten City-Lagen, werden die drastischen Klimaveränderungen der nächsten Jahren erst noch bringen.

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