1,5 Millionen holen Essen bei Tafeln
Von Michael Merz
Große Menschenansammlungen vor den Suppenküchen und Ausgaben von Lebensmittelspenden – vor allem in den Großstädten – zeugen davon, dass die Armut in der Bevölkerung längst die sogenannte Mitte der Gesellschaft erreicht hat. Rund 1,5 Millionen Menschen kommen regelmäßig zu den bundesweit über 970 Tafeln, wurde am Donnerstag während des 25. Bundestafeltreffens in Hannover verkündet. »Das Ausmaß von Armut in unserem Land ist vielen Menschen nach wie vor nicht bewusst«, mahnte Andreas Steppuhn, Vorsitzender »Tafel Deutschland«, und fordert von der neuen Bundesregierung eine »soziale Zeitenwende«.
Die Armut brauche »weniger Scham, statt dessen mehr Sichtbarkeit und Stimme, damit ihre Ursachen politisch bekämpft werden können«. Das soll am Sonnabend auf dem Hannoveraner Opernplatz geschehen – ein öffentliches Zeichen der Solidarität mit einer nicht zu übersehenden »Langen Tafel«. Bei einer sportlichen Challenge können Besucherinnen und Besucher aktiv werden und den Tafeln der Region Hannover eine große Lebensmittelspende einbringen.
Die in Hannover präsentierten Zahlen sind erschreckend: Seit 2021 seien die Preise für Lebensmittel um ein Drittel gestiegen. Einkommen, Renten und Sozialleistungen seien dagegen nur geringfügig angepasst worden. Damit habe sich die Lage für viele Menschen mit wenig Geld »dramatisch verschärft«. Fast 30 Prozent der Klienten der Tafeln seien Kinder und Jugendliche, die mit ihren Eltern zu den Einrichtungen kommen, 18 Prozent seien im Rentenalter. Die Tafeln verteilen nach eigenen Angaben etwa 265.000 Tonnen Lebensmittel im Jahr an Bedürftige. Trotzdem gibt es immer weniger Nahrungsmittel. Derzeit kann fast jede dritte Tafel keine neuen Kunden aufnehmen, bei vielen gibt es Wartelisten oder einen temporären Aufnahmestopp. Die Tafeln wollen nun unter anderem durch neuartige Kooperationen mit der Industrie unter der Bezeichnung »Allianz für Lebensmittelrettung« mehr Waren sammeln.
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