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Aus: Ausgabe vom 30.06.2025, Seite 8 / Ansichten

Klimakrise befeuert

Mitteleuropa vor Hitzewelle
Von Wolfgang Pomrehn
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Arbeiter im Freien sind der Hitzewelle schutzlos ausgesetzt

Da kommt ganz schön was auf uns zu. Während die Superreichen zur Bezos-Hochzeit im Privatjet nach Venedig anreisen und dabei mehr CO2 in die Luft blasen als die durchschnittliche jW-Leserin in drei Jahren, bekommen wir in den nächsten Tagen einmal mehr zu spüren, was der Klimawandel für uns so zu bieten hat. Auf Mitteleuropa rollt eine Hitzewelle zu, die es in sich hat, auch wenn sie nur von kurzer Dauer sein wird. Der Höhepunkt wird voraussichtlich am Mittwoch erreicht, wenn in weiten Teilen des Landes das Thermometer auf 36 Grad Celsius oder mehr klettern wird. Das sind Temperaturen, die vor allem ältere Menschen nicht auf die leichte Schulter nehmen sollten. Auch die Eltern von Kleinkindern müssen unbedingt für Sonnenschutz und ausreichend Wasser sorgen. Schon am Wochenende gab es im Südwesten die erste Tropennacht, und in der Nacht zu Donnerstag wird es zwischen Rügen und den Alpen kaum einen Ort geben, an dem die Quecksilbersäule auf unter 20 Grad Celsius fällt. Derartige Temperaturen sind eine enorme Belastung für den Kreislauf. Entsprechend ist Hitze weltweit inzwischen die mit Abstand häufigste Todesursache, die im Zusammenhang mit der Klimakrise steht. 2023 und 2024 gab es hierzulande nach Angaben des Robert-Koch-Instituts 3.100 bzw. 2.800 Hitzetote.

Doch die Hitze ist keine Naturkatastrophe, ist nicht das Ergebnis natürlicher Umweltbedingungen, sondern der durch Treibhausgase verursachten globalen Erwärmung. Einige Klimawissenschaftlerinnen und -wissenschaftler sprechen inzwischen von Erhitzung, um die Dramatik der Situation zu betonen. Hierzulande waren 2023 und 2024 die jeweils wärmsten Jahre seit Beginn der Aufzeichnungen. Besonders bemerkenswert war dabei, dass der Abstand zwischen den beiden Jahren beachtliche 0,3 Grad Celsius betrug, was den bei weitem größten Sprung bedeutet, der bisher auf dem Weg in ein immer wärmeres Klima beobachtet wurde.

Nun sollte man erwarten, derlei würde die Verantwortlichen in der Bundesregierung zu verstärktem Klimaschutz antreiben. Doch weit gefehlt. Die Koalition in Berlin hat anderes im Sinn. Die neue Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) – bis vor kurzem noch in führender Position bei einer RWE-Tochter tätig – hält die Ziele für den Ausbau von Solar- und Windenergie für »völlig überzogen«, wie sie vergangene Woche auf einer BDI-Veranstaltung wissen ließ. Offenbar sinnt sie bereits nach Maßnahmen, das Tempo zu drosseln. Statt dessen plant sie zahlreiche subventionierte Gaskraftwerke und treibt die Erschließung eines neuen Erdgasfeldes vor Borkum an der Seegrenze zu den Niederlanden ebenso voran wie den Bau von Flüssigerdgasterminals. Während Hitzewellen und schwere Unwetter das Land heimsuchen, soll die Klimakrise mit etlichen Milliarden Euro weiter befeuert werden.

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