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Aus: Ausgabe vom 26.06.2025, Seite 14 / Leserbriefe

Aus Leserbriefen an die Redaktion

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Kern strahlt

Zu jW vom 20.6.: »Ein Auftakt«

Gut, dass die jW-Redaktion das »Manifest« von SPD-Mitgliedern als wichtig und positiv einschätzt, anders als in dem sektiererischen Traktat von Andreas Buderus und Johannes Schillo in der jW vom 13. Juni. Warum das allerdings »ein Auftakt für einen aktiven Kern der Friedensbewegung sein« soll, erschließt sich für mich nicht: Diesen aktiven Kern kann man schon seit langem sehen, es sei denn, man ignoriert die vielen Aktionen der real existierenden Friedensbewegung – dass die Größenordnung zu wünschen übrig lässt – geschenkt!

Norbert Heckl, Stuttgart

Vorfrucht des Faschismus

Zu jW vom 19.6.: »Allerorten alldeutsch«

Auf ein Wort. Eine weitere »Vorfrucht« des deutschen Faschismus ist, denke ich, auch die koloniale Herrschaft des deutschen Kaiserreiches in Afrika und Asien. Dabei sticht der befohlene Völkermord an den Ovaherero und Nama in Deutsch-Südwestafrika besonders hervor. Die Völker der Nama und Ovaherero wurden in einem Vernichtungskrieg massakriert, um dann in die Omaheke- und Namawüste getrieben zu werden, wo die meisten verhungert und verdurstet sind. Gleichzeitig richteten die deutschen Kolonialherren Konzentrations- und Arbeitslager ein, in denen die Mehrheit der Gefangenen durch Hunger, Durst und Erschöpfung umkamen. Dieser Genozid (1904–1908), der als der erste des 20. Jahrhunderts gilt, war gleichsam ein »Exerzierplatz« oder »Feldversuch« für die politische Geisteshaltung, mit der die Hitlerfaschisten nach 1933 ihren Völkermord ersonnen und zur Perfektion ausgeführt haben. Inwieweit dieser Teil der deutschen Geschichte in Schulen heutzutage vorkommt, weiß ich nicht. Zu meiner Zeit (1960er in der BRD) jedenfalls war er, wenn überhaupt, gerade mal eine kurze Fußnote im Geschichtsunterricht.

Detlev Reichel, Tshwane (Südafrika)

Nicht existenzbedrohend

Zu jW vom 20.6.: »Heulsuse des Tages: Bodo Ramelow«

Das Leben ist bekanntlich kein Ponyhof, möchte man dem Genossen Bodo Ramelow zurufen wollen, wenn er darüber nachdenken will, die Partei Die Linke zu verlassen! Aber eventuell findet er auch schnell eine neue politische Heimat, denn so weit ist er vom Denken der aktuellen Politik der SPD nicht entfernt, wie er zum Beispiel über den Umgang mit Russland und dem Krieg in der Ukraine denkt. Er war ja schon immer eine streitbare Person in der Linken, und das darf man nicht vergessen. Ich glaube aber kaum, dass die Linke bei Bodo Ramelows Austritt – wie es früher mal bei anderen Personen der Fall war – um ihre Existenz kämpfen muss. Hieß es nicht mal bei uns, auch andere Meinungen sollte man aushalten, aber sein Missgefallen nicht in die Öffentlichkeit verbreiten, lieber Bodo Ramelow?

René Osselmann, Magdeburg

Besuch von drüben

Zu jW vom 21./22.6.: »Anno … 26. Woche«

In Ihrer historischen Erinnerungsspalte habe ich sehr interessiert unter dem 25. Juni 1990 die Befragungsergebnisse des Forschungsinstituts Infratest aus München unter 1.500 Personen gelesen. Und mir fiel dabei eine unvergessliche Episode ein:

Im Juni 1990 weilte wieder einmal meine Tante H. zu Besuch in unserer Familie. Besuche bei uns in der DDR machte sie seit Jahrzehnten sehr gern, schließlich lebte hier in ihrem Geburtsort im Werratal ihre zehn Jahre ältere Schwester. Ehe sie verwitwet war, kam auch ihr Ehemann, mein Onkel O., gern zu Besuch. Diesmal hatte ich die Tante aber nicht wie viele Jahre zuvor am Bahnhof in Eisenach mit dem »Trabi« abgeholt, sondern schon in Bebra. Und im Juni 1990 fiel auch das obligatorische Kaffeekränzchen mit ihren Schulkameradinnen des Jahrgangs 1919 etwas anders aus. War meine Tante nach den vielen Treffen der Schulkameradinnen in den zurückliegenden Jahren und Jahrzehnten stets frohgelaunt und sehr erzählfreudig davon zurückgekommen, so nahm sie im Juni 1990 danach nachdenklich und still in unserem Wohnzimmer ihren Stammplatz ein. Etwas besorgt fragte ich: »Tante H., Du erzählst ja heute gar nichts?« Sie schaute mich daraufhin mit unveränderter Miene an, und sprach mit erhobenen Zeigefinger: »Eure Leute gucken sich noch um! Heute ging es nur um die D-Mark! Ich habe dann nicht mehr viel gesagt, denn ich kenne das Leben bei euch gut!« Nach dieser verblüffenden Aussage besprachen beide Schwestern in meiner Gegenwart sehr lange und eingehend viele weitere Einzelheiten des Alltagslebens »hüben wie drüben«. Tante H., die seit 1946 in der Landeshauptstadt eines neugegründeten westdeutschen Landes lebte, war im Sommer des Jahres 1944 in der gleichen Stadt wohnungslos geworden. Als sie nach einem großen Luftangriff aus dem Bunker kam, stand das Haus mit ihrer Wohnung nicht mehr. Sie zog für fast zwei Jahre zurück in den Geburtsort und fand herzliche Aufnahme bei der älteren Schwester, meiner lieben Mutter und ihrer Familie. Hier erlebte sie das Kriegsende und die Vernichtung der blutigen, faschistischen Hitlerdiktatur durch die Alliierten. Fast zwölf Monate lebte sie in der Sowjetischen Besatzungszone in Barchfeld. Dann zog es sie zurück in die Großstadt H., wo sie zehn Jahre zuvor das Stadtleben seit ihrer Jugendzeit lieben gelernt hatte. Im Jahre 1954 machte ich dorthin meine erste Westreise, um Tante und Onkel zu besuchen. Meine Tante kam kurz vor ihrem Tod 1996 ein letztes Mal zu Besuch. Und in Anbetracht der sehr hohen Arbeitslosigkeit sowie anderer zuvor unbekannter Lebenserscheinungen im Osten Deutschlands kam es bei den weniger gewordenen Schulkameradinnen zu einem letzten »Kaffeekränzchen«. Die Werte in den Meinungsumfragen der Forschungsinstitute hatten sich damals drastisch zum Schlechteren verändert.

Rainer Döhrer, Barchfeld/Werra

Linke SPD

Zu jW vom 20.6.: »Ein Auftakt«

Und alles begann mit dem Manifest für Frieden von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer 2023 und dem BSW 2024. Danke! (Und was hat die große Lügen-AfD da getan? Ihre NATO-Freundschaft und ihren Palästinenser-Hass ausgebaut?) Mit pazifistischen und sozialistischen Grüßen von einem linken SPD-Mitglied.

Markus Prokott, Frankfurt (Main)

Die Völker der Nama und Ovaherero wurden in einem Vernichtungskrieg massakriert, um dann in die Omaheke- und Namawüste getrieben zu werden, wo die meisten verhungert und verdurstet sind.

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