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Ab in den Zug Aus den Unterklassen. Von Marco Bertram

Von Marco Bertram
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»Stahl Feuer!«

Schmauchend und ratternd fuhr der dunkelgrüne Personenzug in Strausberg vor rund 50 Jahren los. Ich machte große Augen, damals als dreijähriger Bub. Die vergilbten Fensterscheiben, die braunen Vorhänge und Kunstlederbänke betrachtete ich unentwegt. Mega spannend fand ich die kleinen Alu-Aschenbecher mit dem Klappdeckelchen und dem »DR« drauf. Es dürfte das erste Mal gewesen sein, dass meine Eltern mit mir Zug gefahren sind. Das Ziel: Müncheberg, von wo aus es mit der roten Kleinbahn weiter nach Buckow ging. Die Märkische Schweiz war in den 70ern und 80ern DAS Ausflugsziel schlechthin, auch heute noch fahre ich liebend gern hin.

Unvergessen bleibt eine Aufstiegsparty des FC Concordia Buckow/Waldsieversdorf 03 im Mai 2018, als nach dem Spiel das Bier in Strömen floss und in der Umkleide Leute mit Klamotten unter die Dusche geworfen wurden. Mich hatten sie bereits am Wickel, dank meiner Kamera blieb ich verschont.

Sieben Jahre später wurde wieder ein Aufstieg gefeiert in Waldsieversdorf, doch waren es dieses Mal die Gäste aus Brandenburg an der Havel, die die Sau rauslassen durften. Nach sieben bitteren Jahren Landesliga machte die BSG Stahl Brandenburg vor zwei Wochen in Waldsieversdorf den Sack zu, gewann mit 4:1 und durfte mit den 400 mitgereisten Fans frenetisch den Aufstieg feiern. Freudentränen flossen, immer wieder hallte das »Stahl Feuer!« durch den märkischen Wald. Kommende Saison geht es unter anderem wieder nach Frankfurt (Oder). Außerdem warten die beiden Stadtduelle gegen den Brandenburger SC Süd 05. Was dieses Derby bedeutet, durfte im September 2022 bestaunt werden, als die BSG Stahl vor über 3.000 Zuschauern mit 2:0 gewinnen konnte. Gänsehaut pur! Amateurfußball allerfeinster Güte! Es sind solche Fußballspiele, bei denen mir als Berichterstatter die Augen feucht werden.

Obwohl der Aufstieg bereits feststand, ließ sich die BSG Stahl Brandenburg nicht lumpen und gewann die Partien in Alt Ruppin mit 4:1 und daheim gegen den VfB Trebbin mit 5:0! 1.150 Fußballfreunde fanden am vergangenen Sonnabend den Weg in das Stadion, in dem Ende der 80er bereits zwei Europapokalspiele ausgetragen worden waren. »AUFSTIEGSHELDEN« war auf der Gegengeraden zu lesen, dazu gab es eine ordentliche Portion Pyro. Einen goldenen Saisonabschluss soll am kommenden Freitag ein Freundschaftsspiel gegen den 1. FC Lok Leipzig bilden. Für mich heißt es dann: Sachen packen und hinein in den Zug! Auf die alten und neuen Zeiten! Stahl Feuer!

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