Schläger gegen Demonstranten
Von Sven Kurz, Nairobi
Bei Protesten in Nairobi ist am Dienstag der 22jährige Straßenverkäufer Boniface Kariuki von einem Polizisten mit einer Schrotflinte angeschossen und schwer verletzt worden. Videoaufnahmen zeigen, wie zwei Beamte auf den Maskenhändler einschlagen, bevor einer der beiden auf ihn feuert. Der Schuss trifft Kariuki am Kopf. Er überlebte und wird im Kenyatta National Hospital behandelt. Der Polizist ist festgenommen worden. Die Proteste entzündeten sich in Folge des Tods des Bloggers Albert Ojwang. Er starb am 8. Juni im Gewahrsam, nachdem er den stellvertretenden Polizeichef kritisiert hatte. Die Polizei sprach zunächst von Suizid, eine Autopsie belegte jedoch Gewalt als Todesursache. Präsident William Ruto nannte den Vorfall »inakzeptabel« und räumte ein Versagen der Einsatzkräfte ein.
Recherchen der kenianischen Zeitung Daily Nation zufolge sind organisierte Schläger gezielt auf Demonstranten angesetzt worden. Jugendliche aus informellen Siedlungen sollen mit Peitschen und Knüppeln bewaffnet worden sein, um die Proteste zu sabotieren. Hunderte dieser maskierten Männer griffen die Protestierenden brutal an, während die Polizei dem Treiben nach Angaben von Augenzeugen untätig zusah. Die Ausschreitungen hatten auch wirtschaftliche Folgen: Die Matatu-Branche, diese Sammeltaxis sind das Rückgrat des öffentlichen Nahverkehrs, verlor an einem Tag rund 150 Millionen Schilling (circa eine Million Euro). Viele Betreiber konnten ihre Kredite nicht bedienen – eine Bedrohung für die Lebensgrundlage von Millionen Menschen.
Für den 25. Juni, den ersten Jahrestag der Proteste vornehmlich junger Menschen gegen Steuererhöhungen, bei denen mehr als 60 Menschen starben, haben Aktivisten bereits neue Massendemonstrationen angekündigt. Die Demonstrantin Hanifa Adan, eine führende Stimme der Jugendbewegung, berichtete von einer enormen Mobilisierung in den sozialen Netzwerken. Darin wird von einem möglichen Ende der Regierung Ruto gesprochen. Nach Angaben von Al-Dschasira sind in den vergangenen vier Monaten mehr als 20 Menschen in Polizeigewahrsam gestorben, was die Proteste weiter anheizt und Kenia vor eine neue Zerreißprobe stellt.
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