Städte werden zur Hitzefalle
Von Wolfgang Pomrehn
Pünktlich zum Beginn des Sommers legt die Deutsche Umwelthilfe (DUH) eine Studie zu den wachsenden Gefahren von Hitzewellen vor. Die globale Erwärmung macht sich auch hierzulande durch steigende Extremtemperaturen und längere Hitzeperioden bemerkbar, die besonders für ältere Menschen und Personen, die im Freien arbeiten müssen, zur Gefahr werden können. In den vergangenen beiden Jahren sind an ihnen nach Schätzungen des Robert-Koch-Instituts in Deutschland jeweils rund 3.000 Menschen pro Jahr gestorben. Nach Angaben des Schweizer Rückversicherers Swiss RE hat sich Hitze inzwischen zur weltweit tödlichsten Naturgefahr entwickelt. Bis zu einer halben Million Menschen sterben inzwischen jährlich an den Folgen extremer Hitze, hat eine in der vergangenen Woche veröffentlichte Studie des Konzerns ergeben. Insbesondere tagelange Hitzeperioden mit mehr als 30 Grad strengen den Körper an und werden nicht zuletzt für Menschen mit chronischen Kreislaufproblemen zur Gefahr. Bei Hitze ist es besonders wichtig, ausreichend zu trinken.
Rückversicherer beschäftigen sich mit den vom Klimawandel verursachten Gefahren, um die versicherten Risiken abschätzen zu können. Swiss-Re-Chefökonom Jérôme Haegeli: »Angesichts des eindeutigen Trends zu längeren und heißeren Hitzewellen ist es wichtig, dass wir die wahren Kosten für Menschenleben, für unsere Wirtschaft, Infrastruktur, Landwirtschaft und unser Gesundheitssystem aufzeigen.« Haegeli weist darauf hin, dass die zunehmende Dauer und Intensität auch die Gefahr vermehrter Ernteausfälle und Waldbrände mit sich bringt und auch für die Telekom- und IT-Infrastruktur zum Problem werden kann.
Unterdessen hat die Untersuchung der DUH ergeben, dass in Deutschland mehr als zwölf Millionen Menschen in Stadtteilen leben, die besonders stark von extremer Hitze betroffen sein können. Für die Studie wurden 190 Städte unter die Lupe genommen, und es wurde unter anderem nach der Dichte der Bebauung und dem Stadtgrün geschaut. Wo es viel Beton und Versiegelung, aber wenig Grün gibt, sind die Hitzegefahren besonders groß. Kritisch sei die Lage im Süden Deutschlands: In Städten wie Mannheim, Ludwigshafen und Worms leben nach Angaben der DUH mehr als 88 Prozent der Bevölkerung in gefährlichen Hitzegebieten.
Doch die geographische Lage spielt natürlich auch eine Rolle. Küstenstädten wie Cuxhaven, Kiel oder Flensburg geht es deutlich besser. Letztlich sind aber in den 190 untersuchten Städten nur zwei Millionen Menschen richtig gut vor Hitze geschützt, so das Ergebnis der Studie. Sie wohnen in Vierteln mit viel Grün, wenig Beton und vergleichsweise geringer Hitzebelastung. Die Autoren fordern daher ein Umdenken in der Stadtplanung: weniger versiegelte Flächen, mehr Pflanzen, grüne Dächer und begrünte Fassaden. Der öffentliche Raum müsse dringend besser auf bevorstehende Hitzewellen vorbereitet werden. In Deutschland ist die Jahresmitteltemperatur nach den Angaben des Deutschen Wetterdienstes bereits um 2,5 Grad Celsius gegenüber den vorindustriellen Zeiten gestiegen, rund ein Grad Celsius mehr als im globalen Mittel.
Unterdessen hat Bundesumweltminister Carsten Schneider (SPD) zu verstärkten Anstrengungen aufgerufen. »Mein Ziel ist, dass die Europäische Union bis September ihre Pläne vorlegt, wie wir in Europa unseren Klimaschutz verstärken können.« Damit will Schneider andere Länder animieren. Allerdings ist die EU wie alle Mitgliedsländer des Pariser Klimaschutzabkommens ohnehin verpflichtet, einen alle fünf Jahre fälligen Klimaschutzplan vorzulegen. 21 Länder haben das bereits getan, und die Europäer sind eher überfällig.
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