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Aus: Ausgabe vom 17.06.2025, Seite 3 / Schwerpunkt
Rassismus in den USA

»Völkermord an Weißen«: Manifest von Neonazi rekurriert auf Vorreiter von Ku-Klux-Klan

Eine lange Geschichte weißer Vorherrschaft
Von Elizabeth Robeson
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Nach Auffassung bekannter Republikaner verkörpert die Konföderiertenfahne angeblich positive Werte (Columbia, 4.7.2015)

Robert O. Paxton hat die erste Erscheinungsform des westlichen Faschismus auf den Ku-Klux-Klan zurückgeführt. Der von Kriegsveteranen der Konföderation organisierte Klan und seine zahlreichen Inkarnationen führten einen unerbittlichen zwölfjährigen Aufstand, um die US-Regierung 1877 zu besiegen und die Bestrebungen der schwarzen US-Amerikaner nach einem Sitz am Tisch der Nation für ein weiteres Jahrhundert zu unterdrücken. Allen Trelease, Autor der ersten umfassenden Studie, bezeichnete den Klan von South Carolina als den brutalsten. Die schwarze Bevölkerungsmehrheit des Staates und seine Dominanz in der Gesetzgebung der Reconstruction schürten die »Negrophobie« des Klans und seinen unstillbaren Appetit auf die Ausübung von Terror.

Benjamin Ryan Tillman gelangte an die Macht, weil er sich damit brüstete, schwarze Republikaner zu massakrieren. Von 1890 bis 1918 regierte er South Carolina als Gouverneur und US-Senator mit eiserner Faust. Sein Einfluss ist bis heute nicht erloschen. Tillman schockierte seine Senatskollegen mit kruden Tiraden gegen Schwarze. Darin warnte er vor der »Bastardisierung« und dem schwarzen Vergewaltiger, der ihn verfolge. Das Kongressprotokoll hat seine Abscheu bewahrt: »Wir müssen diese Kreaturen zur Strecke bringen. Wenn wir sie alle so rücksichtslos erschießen würden, wie wir wilde Tiere erschießen, wäre das Land besser dran«, und: »Der Neger muss untergeordnet bleiben oder ausgerottet werden.«

In Dylann Roofs Manifest finden sich diese Themen wieder. Noch erschreckender: Im Zentrum seiner geplanten Greueltat vom 17. Juni 2015 stand eine unheimliche Nachstellung – Tillman als junger Komplize bei der Ermordung von Simon Coker, einem schwarzen Senator, während des verheerenden Terrors im September 1876. Eine umherstreifende Bande paramilitärischer Rothemden entführte Coker damals aus einem Zugdepot, als er durch den Bundesstaat reiste und die Schwarzen dazu aufforderte, trotz der allgegenwärtigen Gewalt für die Wahlen im Herbst wachsam zu sein. Da er wusste, dass er von einer Todesschwadron festgehalten wurde, bat der Senator um ein Gebet. Als er auf den Knien lag, durchschlugen Kugeln aus Tillmans Waffe seinen Kopf. Die letzten Worte, die Coker hörte, waren die rüden Vorwürfe weißer Männer, die ihm sagten, dass er lange genug gebetet habe.

Tillman liebte es, den Republikanern im Senat die Dreistigkeit der weißen Vorherrschaft unter die Nase zu reiben. Schadenfroh gab er zu, was lange geleugnet worden war: »Wir haben Wahlurnen gefüllt. Wir haben sie erschossen. Wir schämen uns nicht dafür.« Falls nötig, so schwor er, »werden wir es wieder tun«.

Etwa 140 Jahre später ermordete Dylann Roof den schwarzen Senator und Pastor Clementa C. Pinckney der Kirche Mother Emanuel. Er saß fast eine Stunde lang neben Pinckney, 41, und schoss dann zuerst auf ihn und dann wiederholt auf ihn, nachdem sich die Gruppe zum Schlussgebet erhoben hatte. Roof brüllte rassistische Epitheta, während er mordete: »Ihr vergewaltigt unsere Frauen und übernehmt unser Land. Ihr wollt etwas, worüber ihr beten könnt? Ich werde euch etwas geben, worüber ihr beten könnt!«

South Carolinas republikanischer Senator Lindsey Graham würde beleidigt sein, wenn man ihn bitten würde, Ben Tillman und Dylann Roof zu vergleichen – so wie die meisten weißen Caroliner der Aussage zustimmen würden, dass Roofs Verbrechen »nichts mit unserer Herkunft zu tun hat«. Ein weiterer Beweis für diese vorsätzliche Verleugnung ist, dass der Senat von South Carolina sich weigert, ein Gesetz über Hassverbrechen zu verabschieden, obwohl ein weißer Rassist vor zehn Jahren einen Kollegen ermordete. Damit ist South Carolina neben Wyoming, wo 1998 ein 21jähriger Schwuler gelyncht wurde, der einzige Bundesstaat ohne ein solches Gesetz.

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