Ultrarechte sanktioniert
Von Rudolfo González
Die Europäische Union hat die einflussreiche ultrarechte Stiftung gegen den Terrorismus (Fundación Contra el Terrorismo, FCT) aus Guatemala in ihre Sanktionsliste aufgenommen. Auch ihr Vorsitzender Ricardo Méndez Ruiz, ihr Rechtsanwalt Raúl Amílcar Falla Ovalle und der Richter Jimi Rodolfo Bremer Ramírez werden sanktioniert, wie der EU-Ministerrat am Donnerstag mitteilte. Die Betroffenen dürfen keine Gelder von Unternehmen oder Privatpersonen aus der EU mehr empfangen, und ihnen ist sowohl die Einreise in als auch die Durchreise durch EU-Länder untersagt. Hintergrund ist, dass der sogenannte Pakt der Korrupten in Guatemala versucht hatte, unter anderem mit dem Entzug des Parteistatus des sozialdemokratischen Movimiento Semilla, den Amtsantritt von Bernardo Arévalo zu verhindern, der 2023 zum Präsidenten gewählt worden war.
Zur Begründung der Sanktionen hieß es entsprechend, die FCT und ihre Mitglieder »haben zahlreiche strafrechtliche Ermittlungen gegen Justizbeamte, Journalisten und Regierungsvertreter eingeleitet und die Zivilgesellschaft und die Justiz eingeschüchtert«. Der Unternehmer Méndez Ruiz, der sich selbst auf seinem X-Account als Aktivisten der Ultrarechten bezeichnet, erklärte in einer Videobotschaft, er bewerte die Sanktion als »weitere Medaille«. Das »prosperierende, christliche Europa«, das er kennengelernt habe, existiere nicht mehr, statt dessen gebe es heute »ein muslimisches, schwarzes Europa«. »Die Sozialisten, Arévalo und andere Anhänger der sozialistischen Sache«, müssten »von der Macht entfernt werden und ins Gefängnis gehen«.
Die FCT, im Volksmund in Guatemala häufig als Fundaterror (Terrorstiftung) bezeichnet, gilt als die einflussreichste ultrarechte Organisation im Land. Sie wurde am 5. Juni 2013 gegründet. Kurz zuvor war der ehemalige Diktator Efraín Ríos Montt wegen Völkermords zu 80 Jahren Haft verurteilt worden. Einflussreiche Militärkreise zwangen allerdings das Gericht, das Urteil aufzuheben, erklärte der deutsche Rechtsanwalt Miguel Mörth 2022 im jW-Interview. Mörth sah in dem Urteil die Geburtsstunde des »Paktes der Korrupten«, der in den darauffolgenden Jahren die Justiz systematisch unterwanderte, um weitere Urteile gegen Exmilitärs zu verhindern und gleichzeitig ihrerseits Verfahren gegen Juristen und Journalisten anzustreben.
Eine zentrale Rolle spielte dabei immer wieder die FCT. Die konservative argentinische Onlinezeitung Infobae beschäftigte sich bereits im August 2022 in einem längeren Artikel mit der Stiftung. Damals war die Verfolgung von unabhängigen Journalisten und Juristen auf einem Höhepunkt angelangt – besonders die ehemaligen Ermittler der 2019 aus dem Land gewiesenen UN-Kommission gegen Straffreiheit (CICIG) hatten die Ultrarechten im Visier. »Immer wenn Méndez Ruiz und seine Stiftung eingreifen, werden diese Verfahren gegen die Ermittler der Korruptionsbekämpfung an Fahrt gewinnen«, schrieb Infobae.
Der Vater von Méndez Ruiz, Ricardo Méndez Ruiz Rohrmoser, war in der Diktatur von Ríos Montt Innenminister. Zuvor war er zwischen 1980 und 1982 Kommandant von drei Militärbasen, unter anderem in Cobán in Zentralguatemala. In diesem Militärabschnitt sollen im Zeitraum von Ruiz Rohrmosers Führung mindestens 565 Zivilisten ermordet worden sein, im Januar 2016 nahm die CICIG Ermittlungen gegen mutmaßliche Tatbeteiligte auf, gegen Ruiz Rohrmoser konnte nicht mehr ermittelt werden, er war wenige Tage zuvor am 1. Januar verstorben. Ricardo Méndez Ruiz erwähnte mehrfach seinen Vater, wenn er gegen Demokraten in Guatemala vorging. So schrieb er in sozialen Netzwerken am 9. August 2022, als ein Richter die weitere Inhaftierung des kritischen Journalisten José Rubén Zamora anordnete: »Es wird Gerechtigkeit geübt, Papa. Wir vergessen nicht, wir versöhnen nicht, wir vergeben nicht.«
In den bisherigen 18 Monaten der Regierung von Arévalo wurde die FCT allerdings kaum geschwächt. Sie tritt weiter in Verfahren gegen politische Gegner als Nebenklägerin auf – etwa in dem des erwähnten Journalisten Rubén Zamora. Die jetzt verhängten Sanktionen werden daran wenig ändern.
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