Exekutive marschiert
Von Felix Bartels
Die Grenzen sind fließend, die Begriffe ohnehin schwammig. Was den Übergang von Demokratie zu Autokratie betrifft, wird man dennoch ein Merkmal festhalten können: Die Exekutive erlangt zunehmend Gewicht gegenüber den anderen Gewalten, ohne dass die Teilung der Gewalten aufgehoben werden muss. Man regelt die Dinge selbst, schnell und top down. So ziemlich das vollzieht sich – rhetorisch kaschiert, doch nicht ohne Widerstand – in den USA.
Hauptspielfeld zur Stunde ist Kalifornien. Die Judikative rührte sich erst, nun hält sie wieder still. Mit der Entsendung der Nationalgarde in den Bundesstaat habe Trump seine Befugnisse überschritten, urteilte Richter Charles Breyer vom Bezirksgericht in San Francisco am Donnerstag. Washington müsse die Kontrolle zurück an die Regierung Kaliforniens geben. Das Gericht hatte nicht nur das Recht, hier einzugreifen, sein Urteil war korrekt. Washington berief sich auf Title 10 des Code of Laws, der aber gestattet die Kontrollübernahme nur im Fall einer Rebellion gegen die Regierung, was in Kalifornien offenkundig nicht vorliegt. Es dauerte nur wenige Stunden, bis der judikative Widerstand gegen die Exekutive erstickt wurde. Am Donnerstag abend hob ein Berufungsgericht die Anordnung wieder auf. Trumps Bruch des Gesetzes sei demnach nicht gesetzwidrig. Die einstweilige Verfügung von Richter Breyer wäre am Freitag mittag in Kraft getreten, nun ist sie bis zu einer weiteren Anhörung am Dienstag außer Kraft gesetzt.
Offensichtlich gibt es in den Reihen der Judikative einige Scheu, gegen eine Regierung vorzugehen, die ihre Befugnisse überschreitet. Hierunter fallen, neben vielen kleineren Beispielen, auch die Einstellung der Ermittlungen und Verfahren gegen den amtierenden US-Präsidenten zu dessen Amtsantritt wie das richtungsgebende Urteil des Supreme Court im Sommer 2024, nach dem der Präsident für sämtliche Handlungen Immunität genießt, die er während seiner Amtszeit veranlasst oder vollzogen hat. Einfacher: Der Präsident kann das Gesetz gar nicht brechen, weil er der Präsident ist.
Auch in Richtung Legislative zeigt die Exekutive zunehmend Pranke. 143 Executive Orders hat Trump in den ersten Tagen seiner zweiten Amtszeit unterzeichnet, obwohl er die Mehrheit in beiden Kammern des Kongresses hält. Parlamentarische Abläufe sind ihm bloß Umwege. Entsprechend auch, was sich am Donnerstag auf einer Pressekonferenz der Heimatschutzministerin Kristi Noem ereignete. Dort, vor Ort in Kalifornien, wurde der Senator der Demokratischen Partei Alex Padilla von Sicherheitskräften unsanft abgeführt. Er hatte Noem unterbrochen. Das Ministerium gab nach dem Vorfall an, der Secret Service habe ihn für einen Angreifer gehalten, zudem habe er sich nicht ausgewiesen. Aufnahmen bestätigen allerdings, dass er »Ich bin Senator Alex Padilla, ich habe Fragen an die Ministerin« gerufen hatte. Eine Petitesse gewiss, aber sie steht für vieles, das in den USA derzeit vor sich geht.
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