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Aus: Ausgabe vom 13.06.2025, Seite 7 / Ausland
Schengen-Raum

Historischer Deal zu Gibraltar

Keine Kontrollen mehr an Grenze zu Spanien
Von Jörg Tiedjen
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Der Felsen an der Straße von Gibraltar, hier vom spanischen Algeciras aus gesehen, gilt als Naturwunder

Für die vielen Pendler, die jeden Werktag morgens aus Spanien ins britische Gibraltar fahren, ist es eine gute Nachricht. Am Mittwoch haben Vertreter der EU-Kommission und der Regierungen in London und Madrid in Brüssel bekanntgegeben, dass sie nach vier Jahren Verhandlungen eine von ihnen »historisch« genannte Einigung erzielt haben. Demnach soll der zwischen Gibraltar und Spanien errichtete Zaun abgebaut und die britische Exklave de facto in den Schengen-Raum integriert werden, womit auch die Kontrollen an der Grenze und von Spaniern seit dem »Brexit« zu beantragende Passierscheine künftig wegfallen.

Juan Franco, der Bürgermeister der Stadt La Línea de la Concepción, die direkt an Gibraltar angrenzt, zeigte sich laut der Internetzeitung El Independiente entsprechend erfreut über die Einigung, die in den kommenden Tagen unter Dach und Fach gebracht werden soll. Schließlich stehe man wirtschaftlich »am Rande des Abgrunds«. Jetzt aber werde das »Hauptproblem, der Grenztransit«, angegangen, sagte der Politiker der lokalen Partei La Línea 100 × 100. Die angrenzenden spanischen Gemeinden sind nämlich in einem hohen Maß von Gibraltar abhängig. Ein Viertel der Einkünfte werde dort erwirtschaftet. Zugleich ist die britische Exklave auf Arbeiter aus Spanien angewiesen.

Zwar betonten der spanische Außenminister José Manuel Albares und sein britischer Amtskollege David Lammy am Mittwoch, dass die unter EU-Vermittlung ausgehandelte Einigung sowohl die Anfang des 18. Jahrhunderts kriegerisch erlangte britische Souveränität über den Felsen an der gleichnamigen Meerenge als auch die spanischen Ansprüche auf ihn wahre. Unter britischen Konservativen aber wurde Empörung laut. So sollen in Zukunft etwa spanische Zöllner Bürger des Vereinigten Königreichs, die sich auf dem Luftweg direkt nach Gibraltar begeben, am dortigen Flughafen überprüfen. »Als nächstes ist Falkland dran«, twitterte die frühere britische Innenministerin Suella Braverman, die das Abkommen als Kapitulation gegenüber Madrid darstellt.

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