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Aus: Ausgabe vom 12.06.2025, Seite 15 / Betrieb & Gewerkschaft
Italien

»Jobs Act« nicht abgewählt

Italien: Referendum zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen verfehlt notwendiges Quorum. Gewerkschaft USB fordert Abkehr von der Sozialpartnerschaft
Von Gerhard Feldbauer
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Protest gegen die Regierungserklärung, die Abstimmung zu boykottieren (Rom, 28.5.2025)

Das Referendum für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen der italienischen Lohnabhängigen ist gescheitert. 51 Millionen Wahlberechtigte waren vom Gewerkschaftsdachverband Confederazione Generale Italiana del Lavoro (CGIL) am vergangenen Sonntag und Montag dazu aufgerufen, über Fragen zu den Arbeitsbeziehungen abzustimmen. Mit einer Beteiligung von 30 Prozent wurde das notwendige Quorum von 50 Prozent deutlich verfehlt. Die Rechtsregierung von Giorgia Meloni, die dazu aufgerufen hatte, nicht zur Wahl zu gehen, wertet das Ergebnis als Zustimmung zu ihrer sozial- und migrantenfeindlichen Politik, die sie seit ihrem Amtsantritt im Oktober 2022 betreibt.

Kundigungsschutz ausgehöhlt

Bei vier von fünf Abstimmungen ging es um die Rücknahme des 2016 von der liberalen Regierung von Matteo Renzi beschlossenen »Jobs Act«. Mit der neoliberalen Arbeitsmarktreform wurde der in Artikel 18 des Arbeitsgesetzes festgelegte Kündigungsschutz für unbefristet Beschäftigte ausgehöhlt – mit der Folge, dass heute rund sechs Millionen Arbeiterinnen und Arbeiter prekär beschäftigt sind. Mit der fünften Abstimmung sollte die Frist zur Gewährung der Staatsbürgerschaft für seit vielen Jahren in Italien lebende und arbeitende Migranten von zehn auf fünf Jahre reduziert werden.

CGIL-Generalsekretär Maurizio Landini erklärte, auch wenn das Referendum nicht durchgekommen sei, zeige dies an, dass annähernd 15 Millionen Italiener die Politik der Regierung ablehnen. Von diesen Wählern gehe ein »Neuanfang« aus. »Die Mobilisierung geht weiter.« Die Probleme, die mit dem Referendum beseitigt werden sollten – prekäre Arbeitsverhältnisse, Subunternehmertum, aufgeweichter Kündigungsschutz, mangelnde Arbeitssicherheit und die Frage einer erleichterten Einbürgerung –, bleiben damit allerdings alle bestehen, sagte Landini.

Gründlicher gerät die Analyse der Gewerkschaft Unione Sindacale di Base (USB), die als Ursache der mangelnden Beteiligung am Referendum angibt, ein großer Teil der Bevölkerung habe aufgrund der vielen erlittenen Enttäuschungen die Hoffnung aufgegeben, die Dinge ändern zu können. Dazu haben, so die Einschätzung der USB, die das kommunistische Magazin Contropiano am Dienstag veröffentlichte, die konzertierten Aktionen auch der CGIL beigetragen, sich als treibende Kraft eines Transformationsprozesses zu präsentieren. »Die CGIL hat nicht mehr die Glaubwürdigkeit, sich als Führerin eines Transformationsprozesses anzubieten, wenn Landinis Gerede im Fernsehen täglich durch das konkrete Handeln einer Gewerkschaft widerlegt wird, die eher an Verhandlungen denn an Konflikte gewöhnt ist«, heißt es in der Erklärung der USB.

Kampf um kollektiven Wandel

Solche konzertierten Aktionen sind immer noch gängige Praxis. Das zeigte am 7. Mai die Zustimmung der Branchengewerkschaften der Dachverbände CISL und UIL (jedoch nicht der Fiom unter dem Dach der CGIL) zur Entlassung von 500 Beschäftigten des Autokonzerns Stellantis auf der Grundlage »freiwilliger Beendigung« der Arbeitsverhältnisse.

Aus dem Abstimmungsergebnis will die USB Lehren ziehen: »Wenn wir eine Arbeiterbewegung wieder aufbauen wollen, die den Trend umkehren kann, müssen wir jeden Versuch der sozialpartnerschaftlichen Gewerkschaften und deren politischen Verbündeten, ihr Image aufzupolieren, erkennen und entlarven.«

Es gehe darum, die Hoffnung auf einen kollektiven Wandel unter den Menschen wiederzubeleben. Dieser Kampf müsse heute geführt werden, denn das Land werde in eine Kriegswirtschaft hineingezogen, die mit Risiken und unvorhersehbaren dramatischen Folgen verbunden sei. Die USB ruft für den 20. Juni zum Generalstreik und am 21. zu einer nationalen Demonstration in Rom auf, um ein klares Signal des Kampfes für höhere Löhne und gegen die von der Meloni-Regierung mitgetragene Wiederbewaffnung der EU zu setzen.

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